Wir haben darüber hinaus mit dem
Reisejournalismus schon 2004 erste schöne Erfahrungen gesammelt, immer wieder auf Reisen daran angeknüpft und denken seit einer längeren Auszeit 2013/14 intensiver darüber nach, ob
wir diese Leidenschaft für fremde Länder und Kulturen nicht dazu nutzen können uns selbst nochmal neu aufzustellen - quasi die Spur nochmal zu wechseln...
Ist Eure Ausgangsbasis als der klassische Fall zu beschreiben? Das normale Leben wird irgendwann zur Routine, hat sich einfgefahren. Das Bestehende
ist vielleicht nicht langweilig geworden, aber ein wenig Abwechslung und ein Tapetenwechsel könnten schon helfen.
Natürlich haben wir uns in Berlin, in unserem sozialen Umfeld, im Beruf und so weiter in den vergangenen Jahren etabliert, einen festen Platz gefunden, uns
ziemlich sicher positioniert. Wir könnten uns durchaus vorstellen so weiter zu leben, auch wenn natürlich nicht alles, und schon gar nicht alles immer gut ist. Wir haben keinen Grund für einen Spurenwechsel, der in der
übermäßigen Unzulänglichkeit unserer bestehenden Verhältnisse liegt.
Gleichwohl... Nehmen wir ein Beispiel. Nehmen wir das Beispiel Arbeit. Die zunehmende Verdichtung und Intensität von Arbeit, ihre Bedeutung und Dominanz im
Leben der Tätigen, ihr Zeit und Aufmerksamkeit absorbierender Charakter: Trotz der Möglichkeit, an den Anforderungen und Herausforderungen von Arbeit auch zu wachsen und sich zu entwickeln,
trotz vieler positiver Aspekte des Berufslebens, wie ein soziales Umfeld, Einkommen oder die Bestätigung für geleistete Arbeit, sollte man sich auch mal fragen, was man dafür verliert. Was
hat noch Platz daneben? Was hat daneben keinen Platz mehr? Viele werden jetzt sagen: Die Familie, Kinder und so...
Und wir denken: Ja! Aber gibt es nicht vielleicht auch noch ganz andere Erfahrungen, die uns (auch) gut tun? Gibt es nicht noch eine Spur, in der man dem eigenen Leben noch ganz andere,
bisher unbekannte, ungedachte und vielleicht unvorstellbare Erkenntnisse und Erfahrungen abgewinnen kann? Gehören unsere konventionellen Glücksvorstellungen, so berechtigt sie sein mögen -
Kinder, Karriere, Haus etc. - nicht mal hinterfragt?
Verstehe ich es richtig, dass es also nicht um einen kurzzeitigen Ausstieg geht, nicht um eine Zwischenzeit, in der man sich auf Reisen neue Kraft
und Energie holt, um anschließend im alten Leben gestärkt weiterzumachen, sondern um eine grundsätzlichere Hinterfragung konventioneller Glücksversprechen?
Tatsächlich wollen wir unser Leben, unsere bisherige Art zu leben überdenken. Wir möchten uns neu öffnen und einlassen und dem Versuch einer Veränderung auf
einer Reise eine Chance geben. Diese Veränderung stellen wir uns tatsächlich sehr viel grundsätzlicher und nachhaltiger vor als innerhalb einer Urlaubsreise, die für sich natürlich schon viel
Wert hat. Es geht uns aber gerade nicht um den schnellen Urlaubskick. Nein, wir wollen die Spur sehr viel radikaler und fundamentaler wechseln, wir
wollen vor allem auch uns selbst und die Koordinaten unseres Lebens hinterfragen. Es geht uns um nicht weniger als um eine Neuausrichtung und Neujustierung unseres Glücksstrebens.
Stimmen eigentlich unsere Bilder vom glücklichen Leben, die wir täglich in unserer Welt vorgeführt bekommen, die wir selbst leben und an die wir glauben? Sind wir noch auf der richtigen Spur?
Welche Spuren existieren noch?
Das hört sich sich ziemlich esoterisch an. Vielleicht doch ein Kloster?
Haha. Warum eigentlich nicht? Selbst das ist möglich, schließen wir nicht aus. Unser Spurenwechsel ist aber eigentlich gar nicht esoterisch motiviert, sondern
vollkommen irdisch und diesseitig, im besten Falle philosophisch. Unsere Suche ist eine Suche nach dem Glück in dieser Welt. Wir sind einfach neugierig. Neugierig und gespannt auf das Draußen, auf die Fremde, auf uns in der Fremde. Wir sind in diesem Sinne vielleicht besser
beschrieben als 'Suchende', wir suchen nach unserer ganz eigenen Antwort auf die ewig offene platonische Frage nach dem 'Guten Leben'. Eine solche Reise, ein solcher Spurenwechsel schürft
also tiefer. Haben wir bisher in unserer 'eigenen Welt' nach Glück gestrebt, so suchen wir es jetzt - in uns - aber woanders. Vielleicht sieht es ja dann auch ganz anders aus und fühlt sich
anders an...?!
Ihr lasst immerhin Einiges zurück, gebt Vieles auf, was Ihr Euch aufgebaut habt. Ihr lasst euch davon aber offenbar nicht beeindrucken und
marschiert einfach los. Haltet Ihr Euch für mutig?
Ja, man kann das so sehen, wir haben tatsächlich manches zu verlieren und haben darüber auch viel nachgedacht: Wozu sind wir bereit, wie weit wollen wir gehen,
wo liegen unsere Grenzen? Unseren Job werden/haben wir gekündigt! Wir machen kein Sabbatical, es gibt diesesmal
keinen doppelten Boden, der uns auffängt, wenn es nicht klappt. Wir verlassen tatsächlich bekanntes Terrain. Wir haben keinen festen Plan, kein Ziel. Wir
gehen gerade nicht mit einer konkreten Vision irgendwo hin, um für einen Plan auszuwandern und einen fixen Traum zu leben, wie es viele tun. Wir gehen einfach los. Und: Wir hoffen, dass wir
mehr gewinnen als verlieren. Das ist alles!
Ich glaube schon, dass das Mut erfordert, halte uns aber gerade nicht für übermäßig mutig. Wir haben es in unserem bisherigen Leben gut gehabt, sind
gut ausgebildet, nicht auf den Kopf gefallen und werden schon auf irgendwelche Füße fallen, ganz egal wie dieses Abenteuer hier ausgeht. Vor dem Krieg zu
fliehen, womöglich ohne finanzielles Polster, das eigene Land unter existenzieller Not zu verlassen und sich in das Asyl eines fremden, unbekannten
Landes zu begeben, in dem die Menschen einen womöglich hassen - wie es gerade viele Flüchtende überall in Europa erfahren müssen - das ist mutig.
Wir können ja jederzeit nach Deutschland zurückkehren.
Ein solcher Spurenwechsel wäre auch in Berlin möglich. Warum in die Welt hinaus?
Unser Weg soll das Reisen sein. Dabei ist nicht das Ziel primär - mal abgesehen davon, dass wir einen ersten Anlaufpunkt brauchen und dabei natürlich auch unserer
Priorität folgen. Aber es geht eigentlich um das 'auf Strecke' sein, was durchaus nicht ausschließt, auch mal für länger irgendwo hängen zu bleiben. Zunächst jedoch tun wir nichts anderes, als
uns auf eine Reise zu begeben. Einfach nur reisen... In der Welt neue Pfade und neue Perspektiven entdecken... 'Unterwegs sein', in 'Bewegung sein' in allen seinen Dimensionen.
Unsere Reise ist eine Reise ins Ungewisse, ins Offene, wir wechseln in eine Spur, deren Ziel wir nicht kennen. Es mag
paradox klingen, ist es aber nicht: Hinaus in die Welt, um uns selbst näher zu sein.
Und davon handelt Spuren | WECHSLER: Ihr berichtet von Eurem Spurenwechsel und wir dürfen dabei sein...
Richtig! Das Thema des Reisens, das Reisen selbst, soll uns ab 2017 für hoffentlich viele Monate und Jahre begleiten. Wir möchten diese Seite als Mittel nutzen, um
unsere Erfahrungen mit dem Reisen und allem drumherum mitzuteilen und austauschen.
Seid mit uns Spuren | WECHSLER!
Vielen Dank und viel Erfolg!