Das Interview (Teil 1)
"In Thailand fühlten wir uns irgendwann wie zuhause..."
von Jörg Schwarz
Guten Tag Spuren | WECHSLER!
Wir sind neugierig bezüglich Eurer liebsten Ziele... Welche Reiseländer haben es Euch in den vergangenen Jahren besonders angetan?
Hallo zusammen! Wir sind in den letzten 25 Jahren in einer ganzen Reihe wunderbarer Reiseländer unterwegs gewesen und haben überall tolle Erlebnisse und Erfahrungen gemacht. Es gab kein einziges Land, das uns nicht etwas mit auf den weiteren Weg hat geben können, überall gab es etwas, was uns überrascht, bereichert oder begeistert hat. Gleichwohl haben uns sicher zwei Reiseländer ganz besonders geprägt. Sie stechen schon dadurch hervor, dass wir sie zusammen weit mehr als zehn mal besucht haben: Thailand und Mexiko.
Genau darüber wollen wir sprechen: Ihr wart mehrere Male in Thailand und habt zu dem Land offenbar eine ganz besondere Beziehung. Erzählt doch mal!
Ja das stimmt. Thailand war zwar nicht (Jörg) meine erste Fernreise, die hatte ich ein Jahr zuvor nach Australien gemacht, aber meine ersten Aufenthalte im "Land des Lächelns" waren für mich und meine Reiseleidenschaft, auch für die Art und Weise unserer späteren Reisen, so etwas wie ein Prototyp. Ich habe die mit einem damaligen Freund zusammen unternommen - ich ging noch zur Uni - und war erstmal gar nicht so angetan. Das war eine sehr spontane Entscheidung nach Thailand zu fliegen, weil unser eigentlicher Plan (Afrika) kurzfristig geplatzt war. Ausserdem hatten wir nur Kohle für einen Kurztrip und mussten uns in sehr kurzer Zeit entscheiden. So sind wir ohne recht zu wissen was uns erwartet - wir hatten weder von Thailand noch vom Reiseziel einen Plan - für zwei Wochen pauschal in Pattaya gelandet, zumindest damals eine Pauschaltouristen-Bettenburg für Touries mit Sextourismusvorlieben... Das war nun wirklich so gar nicht unser Ding und wir mussten versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Wir haben dann Trips in den Südosten des Landes, beispielsweise nach Koh Samet gemacht und uns Bangkok angeschaut. Immerhin hatten wir ein ganz schönes Hotel, in dem wir am Pool die Zeit angenehm haben verbringen können. Aber: Das war es eigentlich nicht, was wir gesucht hatten...
Das hört sich jetzt nicht nach großer Leidenschaft an!?
Kann man tatsächlich nicht sagen. Aber auch wenn das jetzt nicht unsere Sache war, waren wir von dem Land trotzdem irgendwie sofort angemacht. Anders als in Australien hatte ich in Thailand vom ersten Moment an das Gefühl in einer echt anderen Welt zu sein. Das war uns sehr fremd, das war wirklich exotisch und einfach völlig anders, als alles, was wir kannten. Wir waren darauf einfach nicht vorbereitet, fanden das aber extrem spannend. Ich werde den Moment am Flughafen in Bangkok nie vergessen: Wir warteten in einer klimatisierten Halle auf unseren Weitertransport, konnten aber - es war schon dunkel geworden - aus dem Gebäude heraustreten. Wenn man das tat, lief man gegen eine unfassbar schwere Wand aus feucht-warmer Luft. Das war extrem verblüffend, denn man hatte sofort das Gefühl von diesem neuen Land umschlungen zu sein, hineingezogen zu werden, fremde Luft zu atmen. Man überquerte quasi die Grenze in einen fremden Kosmos, war umfangen von einer andersartigen Atmosphäre aus fremder Geräuschkulisse, quirligen hupenden Tuc-Tucs und fremdem Sprachengewirr sowie unbekannten Gerüchen. Das Eintauchen in das Meer aus feuchter Luft war einfach überraschend und unerwartet. Das ging uns dann in den kommenden zwei Wochen aber auch mit anderen Dingen so, wir haben uns schnell in die Thailändische Küche verliebt, in die Freundlichkeit der Menschen und ihre buddhistische Kultur und haben schnell gemerkt, wie pragmatisch und einfach es ist, in Thailand individuell Urlaub zu machen. Wir sind dann im selben Jahr gleich nochmal nach Thailand geflogen und haben das - und das hat sich seither auch nicht mehr geändert - individuell organisiert. So begann unsere Leidenschaft für Thailand und hat uns dann noch viele Jahre dorthin geführt, später auch gemeinsam mit Magda.
Was hat Euch denn so fasziniert?
In diesen Jahren war für uns die große weite Welt vor allem mit Meer, Palmen und Stränden verbunden. Es hat uns viele Jahre in Thailands Süden gezogen, sowohl an den Golf von Siam (östlich) als auch an die Andamanensee (westlich). Während wir zunächst Koh Samui, Koh Pha Ngan und Koh Tao zu "unseren Inseln" gemacht haben, sind wir später in der Inselwelt von Krabi bis Trang unterwegs gewesen. Sieht man davon ab, dass diese üppig mit Kokospalmen bewachsenen Inselchen mit unzähligen herrlichen Beaches gesegnet sind, die leicht und spontan per Islandhopping mit kleinen Booten und Fähren zu erreichen sind, so war für uns vor allem die relaxte und entspannte Atmosphäre das große Plus. Man musste keine Unterkünfte vorbuchen, konnte einfach spontan mit dem Longtailboot am Strand abspringen, seinen Rucksack schultern und nach dem schönsten Strand und der schönsten Hütte suchen. Oft waren die wunderbar in die Steilküste gebaut mit herrlichen Blicken über Strand und Meer, mal direkt am Wasser. Es war nie überlaufen in diesen Jahren und Pauschaltouristenhotels mit abgesperrten Hotelbereichen oder Stränden hat es kaum gegeben.
Individualtourismus war an der Tagesordnung: Man bekam seinen einfachen Beachbungalow aus Bambus, Holz und Palmwedeldach direkt am Strand zu kleinem Geld, konnte den lieben langen Tag in der Hängematte abhängen oder lesen, baden, schnocheln oder in der Sonne liegen. Das Lebensgefühl war von Einfachheit und Entspanntheit geprägt. Nirgendwo konnte man so runterkommen wie hier.
Aber das gibt es auch anderswo! Warum Thailand?
So eben nicht! Das alles war gespickt mit viel Thailandkolorit und das gibt es authentisch halt nur in Thailand. So gab es beispielsweise in all den Jahren diese kleinen Abenteuer... Ich denke an all die Viecher, die uns in den ganzen Jahren heimgesucht haben: Der meterlange Python, der sich durch unseren Bungalow geschlängelt hat, all die Riesenspinnen oder Echsen... Haie beim Schnorcheln, Riesenkrabben in der Dunkelheit oder die wahnsinnig gewordenen Hunde, die zähnefletschend uns und dem Motorrad hinterher gelaufen sind - für uns war das Abenteuer pur. Wir waren aber auch viel auf dem und im Wasser unterwegs, haben erstmals das Leben der Korallen und die Vielfalt der Fische im Riff kennengelernt. Einmal wären wir mit dem Boot fast abgesoffen, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes mal erzählt werden... Wir besuchten auf den Dörfern Thaibox-Veranstaltungen und erspähten Hahenkämpfe. Wir mieteten kleine Motorräder und pesten über die Sandpisten der Inseln, vorbei an Kokosnuß-Plantagen in denen Affen die Nüsse von den Palmen holten oder Bauern ihre riesigen Wasserbüffel führten, besuchten die kleinen buddhistischen Thai-Tempel und kamen mit den Menschen ins Gespräch. Thailand war tatsächlich das "Land des Lächelns". Wir konnten uns in dieser Zeit mit vielen Einheimischen anfreunden und sind über einige Jahre immer wieder zu diesen Menschen und an die selben Orte gereist. Zwischenzeitlich kam es uns manchmal so vor, als kämen wir zurück nach Hause. Das war schon sehr besonders. Für uns ist das unvergessen.
Meist haben wir einfach in den Tag hinein gelebt und relaxt. Gelegentlich kamen ältere Damen vorbei und boten klassische Thaimassagen an. Hatte man Hunger gab es in einer ganzen Reihe von Beachrestaurants die pralle Auswahl der thailändischen Küche, für uns bis heute eine der besten Küchen der Welt. Von Thailändischen Curries über frische Fischgerichte bis hin zu exotischen Früchtemischungen, Shakes (nirgendwo gab es bessere Coconut- oder Watermelonshakes) und Cocktails (was waren wir in den Mai Thai verliebt) direkt am Strand konnte man tagein tagaus nicht genug kriegen - und das zu unfassbar günstigen Preisen. In den kleinen Bungalowanlagen standen thailändische Geisterhäuschen, in denen Erdgeistern jeden Tag kleine Opfer gebracht wurden. Buddhistische Rituale und ein von buddhistischer Besonnenheit geprägter Lebensstil waren noch an der Tagesordnung. Auswüchse der heutigen Zeit - Full Moon-Parties, Technobeats an den Stränden und ausufernde Alkohol- und Drogenexzesse - waren zumindest die Ausnahme oder nicht so dominant, man konnte dem zumindest gut entgehen und traf Leute, die auch eher was anderes suchten...
Ihr sprecht in der Vergangenheit. Was ist seither passiert?
Wir sind nach ein paar Jahren Thailand dann auch neugierig auf andere Länder und Kulturen gewesen, sind in Asien umher gereist. Wir haben hier überall tolle Erfahrungen gemacht und phantatstische Reiseziele kennengelernt. Neben Sri Lanka, Indien, den Philippinen und Malaysia/Singapur ist sicher auch Bali für uns ein Höhepunkt gewesen... Irgendwann hatten wir allerdings "Heimweh" nach Thailand. Also sind wir wieder hin und waren nach großer Vorfreude zunächst sehr sehr enttäuscht. Die Welt hatte sich natürlich weitergedreht, Thailand hat sich wie viele andere Regionen der Welt verändert und insbesondere auf "unseren" Inseln war das mehr als spürbar. Von dem Thailand, das wir noch kannten, von den Plätzen, die wir geliebt haben, war nicht mehr allzu viel übrig. Das begegnete uns bereits in Bangkok, wo das Hotel, das uns ein paar Jahre lang eine Heimat gewesen ist, abgerissen war, wir konnten nicht mal mehr lokalisieren, wo es wohl gestanden haben mochte, so sehr hatte sich alles verändert - und leider nicht in jedem Fall zum Besseren. Die Kao San Road und angrenzende Strassenzüge, unsere Basis in Bangkok, war nicht wieder zu erkennen. Die Atmosphäre der ersten Jahre war dahin. Auf den Inseln waren unsere Freunde und Bekannten nicht mehr auffindbar, keiner wußte oder wollte wissen, was aus denen geworden war. Investoren hatten größere Hotelanlagen gebaut, der Pauschaltourismus hatte sich ausgedehnt und viele bisher einsame Orte der Inseln waren mittlerweile kleine Ortschaften, zubetoniert und bebaut. In manchen Ecken war es jetzt tatsächlich kaum anders als an der Costa Brava...
Es hat etwas gedauert bis wir uns erholt und Plätze gefunden haben, an denen "der Fortschritt" nicht so arg genagt hatte... Auf Koh Pha Ngan oder den Inseln der Trang-Region kann man noch ein kleines Stück des früheren Thailand finden. Noch immer sucht man beispielsweise im Inselinnern Koh Pha Ngans vernünftige Straßen durch die Berge vergebens, so dass die durch Regengüsse arg zerfurchte Straße nach wie vor ein kleines Abenteuer mit dem Motorrad ist. Hoffentlich bleibt das auch so: Das verhindert sicher eine zu schnelle und arge Ausbreitung allzu großer Massen... Und Gott sei Dank hat Thailand selbst heute noch zahlreiche unentdeckte Ecken, lässt sich das Thailand unserer Vorstellungen noch hier und da finden.
Wann geht es wieder nach Thailand?
Nun, wir sind in den vergangenen Jahren tatsächlich nicht mehr dort gewesen, was auch mit den politischen Unruhen und unerfreulichen Entwicklungen in Thailand zu tun hat. Unsere Leidenschaft hat sich in den vergangenen zehn Jahren zudem mehr und mehr von Asien nach Lateinamerika verschoben. Wir waren vor allem ein paar Jahre in Mexiko und anderen Ländern, haben Spanisch gelernt (Magda) und mehr und mehr auch die Berge und Wüsten für uns entdeckt. Im Rahmen unserer Tour 2017 werden wir aber erneut einen Schwerpunkt in Asien haben - wir haben jetzt wieder voll Bock auf Asien und es ist für uns undenkbar, dass wir Thailand auslassen...
Lesen Sie Teil 2 des Interviews hier!
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