Bolivien
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Als wir hier eintreffen ist es beinahe dunkel. Es ist jetzt in der auf gut 4.000 m Höhe gelegenen Stadt bitter kalt, windig und unvergleichlich ungemütlich... Da wir etwas gerädert und unausgeschlafen sind, sind wir froh, als wir unser recht klappriges und altes Hotel erreichen, das selbst ein wenig wirkt, als wäre es ein Museum... Das historische Gebäude knarrt und klappert an allen Enden, seine Holzvertäfelungen riechen nach uralter Geschichte, aber es ist immerhin warm. Wir sind uns jetzt nicht sicher, ob das zwischen uns und Potosí eine große Liebe werden wird...
Als wir am nächsten Tag durch die Innenstadt laufen, die Sonne scheint jetzt vom Himmel und es ist in der Mittagszeit angenehm warm, da erkennen wir, das unsere Entscheidung hierherzukommen wohl doch richtig war. Potosí zeigt sich uns als eine wundervolle Altstadt mit schönen Plätzen und fantastischer historischer Bausubstanz, auch einige nette Cafés und Restaurants haben wir identifiziert. Alte Holzbalkone und rote Ziegeldächer, farbenfroh gestrichene, teils filigran verzierte Häuserfronten und insgesamt das fabelhafte Ambiente einer ehemaligen Kolonialstadt werden vor unserem Auge sichtbar. Die Moderne scheint an Potosí zwar vorbeigegangen zu sein, aber wir sind vollkommen angetan von der Stadt, die als die 'Reichste Stadt der Welt' in die Geschichte eingegangen ist und deren sprichwörtlicher Reichtum noch heute in der spanischgeprägten City ihren Niederschlag findet. Immer wieder taucht er im Hintergrund auf, jener Berg, der die Stadt einst zu dem gemacht hat, was ihren Ruf begründete. Der legendäre Cerro Rico - einst voller Silber und Zinn - ist heute, von unzähligen, vielfach auch nicht mehr genau zu verortenden, teils brüchigen oder eingestürzten Tunnelsystemen durchzogen - ein beliebtes touristisches Abenteuerland und gleichwohl noch immer ausgebeutet. Viel ist zwar dem Berg nicht mehr abzuringen, aber noch immer leben einige Bergarbeiter mehr schlecht als recht von seinem Erz.
Und genau das ist auch das Spannende an Potosí: Ihre heutige Mischung! Neben der alten, trotz mühevoller konservierender Pflege schon leicht baufällig und marode wirkenden Architektur der Stadt, der ihr einstiger Luxus und ihre Ausnahmestellung unter den spanischen Kolonialstädten weiterhin anzumerken ist, zeigt sich uns die Kommune heute arm und leidend. Die Minen sind weitgehend ausgebeutet, einen Strukturwandel hat man derzeit noch nicht geschafft und um die Gegenwart und Zukunft der Menschen hier darf man sich schon einige Sorgen machen... Während wir die bereits einmal zerstörte, nun wieder errichtete Kathedrale besuchen, die Geschichte der Stadt in fantastischen Museen - wie der Moneda, jene einstige größte Münzprägeanstalt der Welt - besichtigen und im alten Convento de Santa Teresa dem faszinierenden Leben des noch heute aktiven Nonnenklosters nachgehen, schwant uns, was die Stadt Potosí lähmt: Es ist genau jene große und ruhmvolle Geschichte, an die die Stadt und ihre Menschen sich noch heute klammern und die sie zugleich daran zu hindern scheint, die Zukunft neu zu gestalten. Sie ist - ausgebeutet und von denen, die durch sie einst reich geworden sind, längst verlassen - noch immer im Strukturwandel gefangen... Für den Touristen freilich ist Potosí - trotz seiner teils unwirtlichen Kälte, die man meteorologisch wie sozial hier hautnah verspüren kann - ein unvergleichlicher Schatz, der die koloniale Geschichte Boliviens bis hinein in unsere heutige Zeit besser verstehen lässt: Unverzichtbar und absolut sehenswert!