Tempel und Paläste | Indien - 1 | 5 - Für die Fortsetzung bitte auf das obere Bild
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Herausragendes Beispiel altindischer Tempelkunst: Der Hoysala-Tempel Chennakeshvara in Belur
Im Herzen des etwa 25.000 Einwohner zählenden Belur, einer in der Nähe von Hassan, im Dekkan-Hochland Karnataks gelegenen Kleinstadt, befindet sich dieser fantastische Tempelkomplex, der rundherum ummauert und umschlossen ist. Gerade ein paar Palmen schauen hinüber, Ruhe macht sich im ansonsten lauten Indien breit.
Der erste bedeutende König der sog. Hoysala-Dynastie, Vishnuvardhana (1110 - 1152), veranlasste anlässlich einer siegreichen Schlacht gegen die Chola den Bau dieses kunsthistorisch epochenbildenden Chennakeshvara-Tempels. Der bis dahin architektonisch unbekannte Baustil - heute als Hoysalastil benannt - stellt einen Höhepunkt dieser Architekturrichtung dar und beeindruckt mit reich verziertem Mauerwerk. Den Tempel schmückt neben Reliefs und Figuren aus der Jain- und Hindu-Mythologie -Vishnuvardhana konvertierte vom Jainismus zum Hinduismus - auch den Stifter selbst mit seiner Gemahlin Santaladevi und ist dem indischen Gott Vishnu gewidmet.
Wir betreten das Tempelgelände durch den großen Gopuram, einen beidruckenden Torturm, der den Komplex nach aussen sichtbar abgrenzt. Er ist über und über mit Wächterfiguren besetzt und trägt über mehrere Ebenen ein reich geschmücktes Dach. Wir erfahren, dass dieser Gopuram nachträglich hier errichtet wurde und aus der Zeit der Vijayanagar-Epoche (1336/46 bis 1565) stammt. Wir sind bereits bei den ersten Metern im Tempelbezirk beeindruckt, laufen ehrfürchtig auf den turmlosen Chennakeshvara-Tempel zu und umrunden ihn anschließend auf seiner sternförmig-zackigen Basis. Entlang der Außenmauern wetteifert ein detailreiches Ensemble von Reliefs, Götterfiguren, mythologischen Gestalten und halb-nackten Tänzerinnen aus Stein um unsere Aufmerksamkeit. Es ist eine erhebliche Herausforderung angesichts der Vielfalt der Details alles angemessen zu bestaunen. Wir werden jetzt angesprochen von vier jungen Damen in Schuluniform, die schüchtern ihr Schulenglisch praktisch erproben und uns amüsiert und neugierig in den Innenbereich des Tempels folgen. Sie kommen aus einem Dorf ganz in der Nähe und haben sichtlich mehr Spaß mit uns, als mit dem alten Gemäuer....
Der von 46 reich verzierten Säulen getragene rechteckige Saal führt uns in das Heiligtum, das Vishnu als Chennakeshvara zeigt: Seine vier Arme halten Muschel, Keule, Scheibe und Rad. Anders als in anderen Tempeln der Region werden die Götter hier noch in den Hallen rituell verehrt, finden regelmäßig Pujas statt. Wir sehen zahlreiche Pilger, die hier andächtig beten und ihr alltägliches Hindu-Ritual vollziehen. Überall stehen qualmende Räucherstäbchen oder kleine Opferschälchen. Die Athmosphäre ist eindrücklich, toller Ort!
Belur liegt unweit der Distrikthaupstadt Hassan entfernt, etwa 220 km westlich von Bangalore im südlichen Karnataka. Der Besuch ist sowohl von Bangalore als auch von Mysore aus gut zu organisieren und läßt sich ohne weiteres mit dem Tempelkomplex von Halebid verbinden. Wir verbringen einige Tage in Hassan selbst, um weitere Sehenswürdigkeiten in der Region, vor allem jedoch diese schmucklose aber ehrliche indische Stadt kennenzulernen. Wir hatten hier großartige Dosas und freundliche Begegnungen. Und unvergessen: Straßenarbeiten und Presslufthammergedröhn die ganze Nacht... Für Indien gilt immer: Ohrenstöpsel ins Gepäck!
In den Tempelbereichen sollte man die obligatorischen Tempelsocken nicht vergessen, denn die Sonne heizt das steinerne und baumlose Areal extrem auf. Der Anstand gebietet den barfüssigen Besuch. Wir empfehlen eine Guide und hoffen, dass dessen Englisch einigermaßen sitzt...