Norwegen


Mit der MS Otto Sverdrup von Hamburg zum Nordkap 

71° 10‘ 21‘‘ nördlicher Breite - Auf der Suche nach den Polarlichtern des hohen Nordens (Aurora Borealis)  -  Teil 3 | Südfahrt Richtung Hamburg: Ende gut - alles gut?

von Reinhard Helle, Hamburg den 06.03.2022

 

 

"Den som venter på noe godt, venter aldri forgjeves."

"Wer auf etwas Gutes wartet, wartet nicht vergebens."

 Norwegisches Sprichwort

 

 

Die Tromsø-Brücke, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Tromsø-Brücke, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Rückzug: Massen von Schnee verhindern unseren Traum

Bei heftigem Schneegestöber verlassen wir Honningsvåg. Nordkap adieu - an eine Reise zum nördlichsten Punkt des norwegischen Festlands ist derzeit einfach nicht zu denken. Natürlich sind wir ein wenig enttäuscht, aber den 71. Breitengrad haben wir immerhin erreicht... Die sog. Südfahrt  beginnt - von jetzt an geht es nur noch gen Süden, Breitengrad um Breitengrad wieder zurück nach Hamburg. Wir freuen uns jetzt auf weitere Highlights Norwegens  und haben die Hoffnung auf Nordlichter  noch nicht aufgegeben.

 

Ein Highlight der Reise: Die Eismeerkathedrale

Unser nächste Zielhafen liegt in Tromsø  am 69. Breitengrad, wo wir auf dem Weg zurück ein erstes Mal anlanden. Hier wartet zunächst die Ishavskatedralen (Eismeerkathedrale) - das Wahrzeichen der Stadt - mit ihrem großen und berühmten Buntglasfenster auf uns. Wie die Eiszacken eines Eisbergs sieht die Kirche aus und ist vom Tromsø-Sund  aus ohne Schneetreiben weithin sichtbar. Wir nähern uns ihr über die Tromsø-Brücke (norwegisch „Tromsøbrua“) und stellen fest, dass die Eismeerkathedrale  im Miniatur-Wunderland  in Hamburg, wo wir sie einst im Miniaturformat zuerst bewundert haben, wirklich sehr gut getroffen ist. 

 


Die Eismeerkathedrale, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Eismeerkathedrale bei der Einfahrt in den Hafen, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Als wir die Kathedrale erreichen, schneit es mal wieder stark... Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Als wir die Kathedrale erreichen, schneit es mal wieder stark... Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Das berühmte Buntglasfenster der Eismeerkathedrale im Original, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Das berühmte Buntglasfenster der Eismeerkathedrale im Original, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Im Original befindet sich das große Fenster allerdings auf der Rückfront: Die Eismeerkathedrale im Miniatur-Wunderland, Hamburg, Deutschland (Foto Reinhard Helle)
Im Original befindet sich das große Fenster allerdings auf der Rückfront: Die Eismeerkathedrale im Miniatur-Wunderland, Hamburg, Deutschland (Foto Reinhard Helle)

Allerdings erkennen wir auch eine kleine „Mogelei“: Das berühmte Buntglas-fenster der Kirche zeigt sich in der Realität gar nicht auf der Vorderseite,  sondern auf der Rückseite der Kathedrale... 

 

Egal. Sie reiht sich als ein weiterer Höhepunkt skan-dinavischer Architektur auf dieser Reise ein. Man muss sagen, dass Norwegen  bis dato eher als Naturparadies, weniger denn als Nation der Kunst in unseren Köpfen war...


 

Wir besichtigen das Arktis-Erlebniszentrum Polaria. Auch dies ein sehr beeindruckendes und unverwechselbares Gebäude, das wie Eisblöcke anmutet, die vom rauen Ozean der Arktis an Land zusammengeschoben werden. Dagegen hat die Konstruktion der Bibliothek in Tromsø  große Ähnlichkeit mit dem Teepott  in Warnemünde... Die gewagte Dachkonstruktion des Solitärs war in der Tromsøer  Bevölkerung zunächst sehr umstritten, zählt heute aber zu den bekanntesten und beliebtesten Wahrzeichen der Stadt. Sie wird zu den schönsten und coolsten Bibliotheken des Landes gerechnet.

  

Unser Glühweinstand, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Unser Glühweinstand, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Rasende Wetterwechsel - gut dass es Glühwein gibt

Nach wie vor macht uns das Wetter in Norwegen  das Leben schwer... Rasend schnell wechselt es zwischen Sonne und Schneesturm hin und her und überrascht uns immer wieder. Mal können wir unser Schiff im Hafen sehen, dann ist es in Minutenschnelle wieder in den wirr tanzenden Schneeflocken verschwunden und wir können kaum die Hand vor Augen sehen. Unser Gang durch die Stadt führt uns u.a. ins Rathaus. Hier gibt es zahlreiche dienstliche e-bikes, die sogar im Foyer abgestellt und wieder aufgeladen werden können. Wir können uns ein wenig aufwärmen.

 

Obwohl unsere Aufenthaltszeit in Tromsø  großzügig bemessen ist, schaffen wir es leider nicht mehr, die nördlichste Brauerei der Welt, die Mack Bryggeri, zu besuchen. Alternativ landen wir in der Fußgängerzone an einem Glühweinstand, der bei der hier angesagten Kälte nun aber auch wirklich besser passt. Wir genießen einen leckeren heißen Glühwein mit Mandeln, Rosinen und Zimt, sind angesichts des letztendlichen Preises allerdings etwas überrascht: Wir hatten die Preistafel falsch gelesen - die Hot-Dogs kosten 5€, der Glühwein 8,50€... Aber da er derart super geschmeckt hat und der Preis auch noch 2 Sitzkissen für eine Sitzbank im Schnee umfasste, haben wir es gern gezahlt... 

 

Cool, Cooler, Magic Ice Bar

Am Abend gönnen wir uns einen persönlichen Höhepunkt der Reise: Wir besuchen die Magic Ice Bar. Diese berühmte, ganz und gar aus Eis gestaltete Bar ist von außen zwar recht unscheinbar und klein, im Innern aber mit beeindruckenden Eisskulpturen und Elementen ganz aus Eis bestückt. Man bekommt beim Eintritt Handschuhe und einen warmen Poncho, was uns gleich beim Anblick innerlich noch 

 

Das Arktis Erlebniszentrum Polaris, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Das Arktis Erlebniszentrum Polaris, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Bibliothek, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Bibliothek, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

weiter gefrieren lässt... In der Tat sollte man sich "warm anziehen" und schon vorab das wärmste an Kleidung nutzen, was man hat - auch wenn es im Inneren "nur" konstante 4 Grad Minus kalt ist... Die Bar ist gleichwohl eine Wucht. Es macht Spaß sich in der Bar, in der tatsächlich beinahe alles aus purem Eis ist, aufzuhalten und all die kleinen Details zu entdecken. Aber länger als zwei kurze Drinks bleibt man dann eher nicht, denn Glühwein steht nicht auf der Getränkekarte und ein Wodka on Ice  lässt einem die Adern zusätzlich gefrieren... 

 

Die Bar in der Magic Ice Bar, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Bar in der Magic Ice Bar, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Alles hier strahlt Kälte - egal in welcher Farbe: Magic Ice Bar, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Alles hier strahlt Kälte - egal in welcher Farbe: Magic Ice Bar, Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Alles aus Ice... Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Alles aus Ice... Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Martina? Bist du es? Komm lieber rein...! Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Martina? Bist du es? Komm lieber rein...! Tromsø, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

In Europa stets präsent: Der Zweite Weltkrieg war u.a. auch in Narvik

Zurück auf der MS Otto Sverdrup geht es während einer Nachtfahrt weiter nach Narvik. Die Stadt am schönen Ofotfjord  ist ein wichtiger Hafen für die Verschiffung von Eisenerz aus Kiruna, Schwedens  nördlichster Stadt, in Lappland  gelegen, die ihren Siedlungsbau eben diesem Eisenerzvorkommen verdankt. Dank des Golfstroms ist der Hafen das ganze Jahr über eisfrei und daher ein wichtiger Ort für den Handel im hohen Norden. Im norwegischen Narvik  holt uns mal wieder die deutsche Geschichte ein und lässt uns - gerade in diesen Tagen des Überfalls der russischen Armee auf die Ukraine - besonders andächtig werden: Das Narvik Krigsmuseum  erinnert an die Zeit des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf Norwegen  und Dänemark  am 9. April 1940 mit der Operation Weserübung. Die Besetzung Norwegens  dauerte bis zum Kriegsende am 08. Mai 1945. Bei den Kämpfen zur Eroberung Narviks  im Frühjahr 1940 wurde die Stadt weitgehend von deutschen Bombern dem Erdboden gleichgemacht. Nach dem Krieg wurde Narvik  fast vollständig wieder aufgebaut. An dieser Stelle Dank an das Hurtigruten-Expeditionsteam: Sie haben zu diesem Themenkomplex einen spannenden Vortrag über diese Zeit durch den Leiter des Kriegsmuseums, Ulf Erik Torgersen, an Bord der MS Otto Sverdrup organisiert.

 

Entschleunigende Fahrt mit der MS Otto Sverdrup
Der Arctic Train, Narvik, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Unsere einzige Extra-Tour: Verschneite Schneefahrt im Arctic Train

Während zahlreiche Ausflüge und Exkursionen auf den Hurtigruten Schiffen in den Preisen für die Gesamtreise enthalten sind, bietet die Reederei als Extraleistung eine ganze Reihe an Sonder-Touren an, die quasi "obendrauf" gebucht und natürlich extra bezahlt werden müssen. Teilweise sind die Preise dafür nach unserer Einschätzung „nicht ganz ohne“ und limitieren eine allzu üppige Nutzung... Angesichts der ohnehin nicht gerade geringen Kosten der Reise haben wir uns lediglich für einen dieser Spezial-Trips entschieden und dieser steht nun an... 

 

Schon während der gesamten Südfahrt  hinweg freuen wir uns auf die Fahrt mit dem Arctic Train  von Narvik  bis (fast) zur schwedischen Grenze. Der Bahnhof Narvik  ist Ausgangs- und Endstation für Personenzüge der Ofotbanen. Von hier aus könnte man in ca. 20 Stunden bis Stockholm mit der Bahn fahren. Unser Ziel jedoch ist heute die schwedische Grenze entlang wundervoller norwegischer Fjorde. Leider klappt es jedoch auch dieses Mal nicht bis zur avisierten Endstation, weil uns erneut das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht: Aufgrund eines plötzlichen heftigen Schneesturms endet auch diese Fahrt - fast schon zur Routine geworden - in der Vorletzten Station des Arctic Trains  am Bjørnfjellhus. Die Fahrt entlang des beeindruckenden Rombaksfjord  ist allerdings ein unvergessliches Erlebnis und von daher jeden Cent wert: Der von steil aufragenden Bergen umgebene Fjord ist etwa 20 km lang und bis zu 344 m tief - ein Blick in ihn hinein ist trotz des Wetters atemberaubend. Wie es wohl im Sommer wäre...?

 

Der schöne Rombaksfjord

Selbst aber an diesem Ort, der eigentlich für seine natürliche Schönheit stehen sollte, treffen wir wieder auf die Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Hier im Rombaksfjord  wurden - wie wir jetzt erfahren - die letzten vier von zehn deutschen Zerstörern von ihren eigenen Besatzungen versenkt, nachdem sie ihre gesamte Munition verschossen hatten. Auch hier also Zeugen des Krieges, den Europa  nicht vergessen wird. 

  

Wie Sie sehen, sehen Sie ... nichts! Schneesturm während der Fahrt mit dem Arctic Train, Narvik, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Wie Sie sehen, sehen Sie ... nichts! Schneesturm während der Fahrt mit dem Arctic Train, Narvik, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Trotz des verschneiten Tages haben wir fantastische Ausblicke in den Rombaksfjord... Arctic Train, Rombaksfjord, Norwegen (Fotos Reinhard Helle)
Trotz des verschneiten Tages haben wir fantastische Ausblicke in den Rombaksfjord... Arctic Train, Rombaksfjord, Norwegen (Fotos Reinhard Helle)
Arctic Train Bahnstation im Schneesturm - Man mag nicht wirklich gern aussteigen... Bjørnfjellhus, Norwegen (Foto Hurtigruten Expeditions, 20220120_0063, Jan Hvizdal)
Arctic Train Bahnstation im Schneesturm - Man mag nicht wirklich gern aussteigen... Bjørnfjellhus, Norwegen (Foto Hurtigruten Expeditions, 20220120_0063, Jan Hvizdal)

 

Um Mitternacht verlassen wir den Hafen von Narvik. Erneut verbringen wir eine Nacht auf dem Meer und befinden uns am nächsten Tag auf dem Weg nach Kristiansund. Ein kompletter Seetag liegt heute vor uns und zeigt sich von seiner schönsten Seite: Wir erleben einen wundervollen Tag auf dem Wasser, wie wir ihn auf der Reise lange nicht gesehen haben: Sonne, wenig Wind, kaum Wellen. Während wir die Fahrt genießen, passieren wir die berühmte Bergkette der Sieben Schwestern  und folgen ihrer Legende im Geiste: Eines Tages nämlich wurden sieben schöne Trollschwestern unerlaubter Weise bei Sonnenaufgang hier erwischt und zur Strafe in Stein verwandelt: So zeigen sie sich uns heute - vor uns liegend - als sieben schöne Gipfel...

 

Die verwandelten Troll-Schwestern... Sieben Schwestern Bergkette, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die verwandelten Troll-Schwestern... Sieben Schwestern Bergkette, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Sieben Schwestern Bergkette, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Sieben Schwestern Bergkette, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Sehen wir die Polarlichter doch noch - Hoffnung keimt!

Der arktische Mittwinter - kaltes Pendant des Mittsommers - ist, wie wir jetzt an Bord erfahren, keineswegs die Zeit der ewigen Dunkelheit, sondern geradezu die prädestinierte Zeit für die Sichtung der magischen Nordlichter,  jener Aurora Borealis - benannt nach Aurora, der Göttin der Morgenröte und Boreas, dem Gott des Winters und der Nordwinde. Zahlreiche historische Mythen ranken sich um die mysteriösen Lichterbänder und flirrenden Erscheinungen am arktischen Himmel und so glaubten die Menschen des hohen Nordens u.a., dass die Seelen ihrer Verstorbenen in ihnen weiter existieren und nach dem Tod am Himmel tanzen. 

 

Während wir uns also Tag für Tag vom Nordkap  entfernen, geben wir die Hoffnung nicht auf, noch einmal die Gelegenheit für die Sichtung dieser wundervollen nördlichen Polarlichter zu erhalten. Und tatsächlich: Heute nun zeigt die Nordlicht-APP  für die kommende Nacht tatsächlich beste Voraussetzungen für die Aurora Borealis an. Wir sind zunächst hocherfreut, müssen aber schon kurz nach Einbruch der Dunkelheit zum widerholten Male erleben, dass sich der Himmel zuzieht... Unsere Chancen auf eine Nordlichtsichtung sinken damit mal wieder gen Null. Die nordischen Götter meinen es dieser Tage nicht wirklich gut mit uns...

 

Seetag bei ruhiger See... Südfahrt, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Seetag bei ruhiger See... Südfahrt, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die untergehende Sonne färbt die verschneite Küste gelblich ein, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die untergehende Sonne färbt die verschneite Küste gelblich ein, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Ein herrlicher Sonnenuntergang über der norwegischen Westküste, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Ein herrlicher Sonnenuntergang über der norwegischen Westküste, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Polartaufe am Polarkreis

Während unseres Seetages überqueren wir nun wieder den Polarkreis. Das mag ja „nur“ eine imaginäre Linie sein, die bei 66° 33′ 55″ nördlicher Breite über das Meer verläuft und sie stellt eigentlich nichts anderes dar, als eine mathematische, abstrakte Trennlinie zwischen der Polarzone und der gemäßigten Zone, aber die Rituale an Bord begehen ihre Überquerung stets mit einigem Tam Tam. Es droht die übliche Polartaufe, die wir vom  erstmaligen Überqueren her bereits kennen. Wer Spaß an einer Ladung Eiswürfel, einem Schluck Lebertran und einem Schnaps obendrauf hat, der sollte daran teilnehmen... Wir halten uns zwar diskret zurück und lassen selbstlos anderen den Vortritt, eine Urkunde - Polarsirkel Sertifikat - erhalten wir trotzdem. Mir kommt die Idee, ob man nicht künftig die Linie des Polarkreises einfach mit einem grünen Laserstrahl anzeigen könnte, analog der Weitenmessung beim Skispringen...

 

Die oft gerühmte Atlantic Ocean Road, bei Kristiansund, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die oft gerühmte Atlantic Ocean Road, bei Kristiansund, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die fantastische Atlantic Ocean Road, bei Kristiansund, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die fantastische Atlantic Ocean Road, bei Kristiansund, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Die schönste Straße der Welt?

Beim Stopp in Kristiansund  am 63. Breitengrad stehen eine Fahrt auf der im Jahr 1989 eröffneten Atlantic Ocean Road  und eine Besichtigung der alten Stabkirche in Kvernes  auf dem Programm. Die Atlantikstraße  wurde 2005 von der britischen Tageszeitung The Guardian  zur "schönsten Autostrecke der Welt“ gekürt und ist wahrhaftig wunderschön. Es gibt wohl keinen Autohersteller, der nicht schon auf dieser Straße einen Werbespot gedreht hat. 

Die Stabkirche in Kvernes, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die Stabkirche in Kvernes, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Auch Kristiansund  wurde im April 1940 durch deutsche Fliegerangriffe nahezu vollständig zerstört, als die Deutsche Wehrmacht die Stadt ganze 4 Tage lang unter Beschuss nahm. Wie schon Narvik  wurde Kristiansund  nach Kriegsende wieder errichtet und weist heute einige der besten Beispiele norwegischer Nachkriegs-architektur auf. Und noch etwas fällt uns beim Einlaufen hier auf: In Kristiansund  wie zahlreichen anderen norwegischen Häfen ankern große Schiffe wie unseres direkt an einem Fußgängerweg oder einer viel befahrenen Straße. Man kann also bis auf wenige Meter an sie herankommen und beim Vorbeifahren mit dem Auto an den Kolossen empor blicken. Sicher eine faszinierende Erfahrung... Ich stelle mir das gerade in Hamburg  vor.

 

Kristiansund  gilt übrigens als Hauptstadt des Klippfisches. Ihr erinnert Euch an den zweiten Teil des Reiseberichtes? Richtig: Klippfisch ist der luftgetrocknete und  gesalzene Stockfisch, dem also zum Klippfisch  schlicht das Salz fehlt... Das „Klippfischfestival“ können wir leider nicht besuchen, es findet jeweils von

 Mitte April bis Mitte Mai jeden Jahres statt. 

 

Vom Schiff direkt ins Auto? Die Straße liegt hier direkt am - nein: Sie ist der Pier! Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Vom Schiff direkt ins Auto? Die Straße liegt hier direkt am - nein: Sie ist der Pier! Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Weltkulturerbe, Streetart und chinesische Verhältnisse

Am heutigen Sonntag laufen wir um 09.00 Uhr in Bergen  ein. Die letzte Station vor unserem Ziel Hamburg  ist Norwegens  zweitgrößte Stadt und ehemalige Hauptstadt des Königreichs. Ein Gang durch das ehemalige Hanseviertel Bryggen, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, ist mit seinen unzähligen typisch norwegischen Holzhäusern und seinen Museen ein Gang durch eine mehr als 700 Jahre alte Geschichte. Die Festung Bergenhus  mit dem Wehrturm Rosenkranztårnet, der Håkonshalle  sowie dem Torget -  dem Marktplatz direkt am Hafen -, sind spannende Ziele auf einem ausgedehnten Stadtrundgang. Hamburger aufgepasst: Wir finden ein zweites Altona  außerhalb von Hamburg  mitten in Bergen! Altona  ist hier allerdings die älteste bekannte Taverne Norwegens,  die etwa aus dem 17. Jahrhundert stammen dürfte. Etwas jüngeren Datums ist dagegen wohl die tolle Streetart, die wir auch in dieser Stadt wieder finden. 

 

Christiansund im Nieselregen - dann plötzlich Altona!? Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Christiansund im Nieselregen - dann plötzlich Altona!? Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Ein paar interessante und sehenswerte Beispiele der Streetart in Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Ein paar interessante und sehenswerte Beispiele der Streetart in Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Der ausführliche Stadtrundgang findet mal wieder im Dauer-Nieselregen statt - immerhin sind die Schneestürme in diesen Breiten jetzt Geschichte, aber das ist nur geringer Trost. Hier allerdings kommt das Wetter nicht von ungefähr: Bergen  wird hier nur dem eigenen Ruf als einer der regenreichsten Städte Europas - "Hauptstadt des Regens“ heißt es - in vollem Umfang gerecht. Gut nur, dass wir darauf eingestellt sind, und es vorab geahnt hatten - und irgendwie kennt das der Hamburger ja auch... Nicht vorhersehbar jedoch, war die trübe Nebelküche auf dem Ulriken, dem höchsten der sieben Hausberge der Stadt. Aber selbst wenn wir es erahnt hätten, gegen Nebel gibt es keine Mittel: Bei der Auffahrt mit der Seilbahn verbringen wir die gesamte Zeit vollständig im feuchten Dunst und blicken auf eine undurchsichtige Wand. Eine Nebelaussicht ist eben eine Nebelaussicht. Ähnliches haben wir vor fast 4 Jahren schon einmal erlebt als wir hoch hinaus fuhren. Auf dem Shanghai-Tower  mitten in Chinas  großer Metropole - in einer Höhe von 546 m, auf den Etagen 118. und 119. Zugegeben: Weder ist der Ulriken  so hoch, noch lassen sich diese Orte vergleichen, aber das ist egal, denn wir blickten in beiden Fällen in dieselbe Nebelwand, die in China  kein Stück besser oder schlechter ist, als in Norwegen...

 

Nebel ist Nebel - in China und eben leider auch in Norwegen... In der Ulriken-Seilbahn, Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Nebel ist Nebel - in China und eben leider auch in Norwegen... In der Ulriken-Seilbahn, Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Kreuzfahrtschiffe unter sich

Wir treffen in Bergen  auf die beiden Hurtigruten-Schwestern-schiffe MS Maud  und MS Trollfjord. Während es in Vor-Corona-Zeiten offenbar nicht unüblich, auf jeden Fall möglich war, als Gast eines Hurtigrutenschiffes  eines der jeweils anderen Schiffe zu besuchen und zu besichtigen, sind diese Besuche jedoch in den aktuellen - Corona-geplagten - Zeiten derzeit nicht möglich. Wie klein die Hurtigrutenschiffe  im Größenverhältnis gegenüber modernen Kreuzfahrtschiffen tatsächlich sind, wird uns im Hafen Bergens  zwar nicht zum ersten Mal, dafür aber um so eindrücklicher deutlich, als die MS Viking Venus - ein deutlich größerer Vertreter seiner Zunft - in den Hafen von Bergen einläuft. Würde die Sonne scheinen, wäre sicher ein ordentlicher Schatten auf die Hurtigrutenschiffe  gefallen...

 

Die letzten Tage an Bord

Zurück an Bord beginnen so langsam die ersten Vorbereitungen für das Ende der Reise. Obwohl zwischen Bergen  und Hamburg  noch fast 40 Stunden Seereise liegen - bevor am letzten Abend der Abschiedssekt mit dem Kapitän und der Führungscrew des Schiffes getrunken wird, vergeht noch viel Zeit an Bord -, geht uns jetzt im Angesicht des Abschieds von dieser Lebensform auf See so mancher Gedanke durch den Kopf... Natürlich bleibt es hängen, dass man die Aurora Borealis  nicht hat sehen können, dafür viele andere schöne Dinge. Ich frage mich, ob ich es wohl vermocht hätte, diese außergewöhnlichen Naturerscheinungen mit meiner Kamera überhaupt gut in Szene zu setzen? Wer weiß das schon, denke ich, doch einer hätte es ganz sicher gut gekonnt: Zu dem 16 Mitarbeiter*innen zählenden Expeditionsteam der MS Otto Sverdrup, die während der gesamten Fahrt die verschiedensten Aktivitäten an Bord (z.B. Vorträge zu verschiedensten Themen) und an Land (Schlittenhundefahrten, Schneemobilfahrten, Wanderungen u.v.m.) organisiert und begleitet haben, gehörte auch ein Berufsfotograf, der nicht nur selbst fotografiert, sondern auch für Fragen und Tipps jeglicher Art im Zusammenhang mit dem Stichwort „Fotografie“ allen Passagieren zur Verfügung stand. Seine Fotos werden in einigen Wochen allen Passagieren mit einem so genannten Logbuch über diese Fahrt zur Verfügung gestellt. Nordlichter  werden dann wohl auch in seiner Sammlung fehlen - es sei denn, sie stammen aus seinem Archiv...

 

Die zwei Hurtigrutenschiffe und die deutlich größere MS Viking Venus... Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Die zwei Hurtigrutenschiffe und die deutlich größere MS Viking Venus... Bergen, Norwegen (Foto Reinhard Helle)

 

Neben den 16 schon angesprochenen Mitarbeiter*innen der MS Otto Sverdrup  besteht die Besatzung unseres Hurtigrutenschiffes  übrigens aus insgesamt ca. 200 Personen aus 19 verschiedenen Nationen. Während der Fahrt werden an Bord insgesamt etwa 12.000 Eier an Bord verspeist, was ich einem Bord-Quiz  als interessantem Fakt entnommen habe... Grundsätzlich ist die Küche an Bord aber deutlich mehr als Eierspeise gewesen und war die gesamte Zeit über jeden Zweifel erhaben: Obwohl es in diesen Coronazeiten ja keine Büfettauswahl geben durfte, können wir nur ein Urteil fällen: Super!

  

Mythen der Trolle findet man in Norwegen überall - gesehen haben wir keine... Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Mythen der Trolle findet man in Norwegen überall - gesehen haben wir keine... Norwegen (Foto Reinhard Helle)

Am Ende der Reise: Was alles im Kopf herumspukt und verarbeitet werden will

Auf den letzten Seemeilen vor Hamburg  schießen noch viele Gedanken durch den Kopf, über was hier sicher noch interessant zu berichten wäre: Das Königshaus in Norwegen +++ norwegische Trolle außerhalb des Internets +++ Benzinpreise in Norwegen +++ die Trollcreme  als die Créme Brùlée Norwegens +++ die Volksgruppe der Samen +++ die Freundlichkeit der norwegischen Autofahrer*innen gegenüber allen Fußgänger*innen und so vieles mehr, das den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde....

 

Nur eines noch: Man liest oder hört ja oft, dass ältere Menschen nicht mit den neuen digitalen Techniken, Apps und den sozialen Medien umgehen können. Hierzu kann ich nur sagen: Das Bild vor, während und nach den Mahlzeiten im Bord-Restaurant spricht eine völlig andere Sprache. Dabei ist die deutliche Mehrheit der Passagiere, die an dieser Reise teilgenommen haben, schon im reiferen Lebensalter angekommen und dürfte sich im Schnitt in meinem eigenen Alter (~70) wiederfinden... 

  

In Hamburg  endet am letzten Morgen nach dem Frühstück eine Reise mit vielen beeindruckenden Eindrücken und Bildern, sowohl im Kopf als auch auf den Speicherchips der Kameras. Vor allem haben wir an "Wetter" wohl alles erlebt, was man in diesen Breitengraden in dieser Jahreszeit an Erfahrungen sammeln kann: Schwankende Temperaturen zwischen 10 Grad Plus und hohen Minusgraden - konstant war in Norwegen  eigentlich nur die Magic Ice Bar  mit ihren 4 Grad Minus -, schwerer Sturm, unwirtlicher Regen, überbordender Schnee - gelegentlich alles in Kombination oder nacheinander in enger zeitlicher Abfolge. Und doch auch hier und da wärmende Sonne, ruhiges Meer und sanfte Winde...

 

Wir haben viel erlebt und einiges noch im Nachgang zu verarbeiten, auch wenn wir das Nordkap  selbst und die Nordlichter - Aurora Borealis - bis zum Schluss leider nicht zu Gesicht bekommen haben... Sie fehlen schlicht in unserer Sammlung und motivieren uns, diese Reise noch einmal anzutreten... Versprochen!

 

TAKK, Norge! Danke, Norwegen!

 

Danke Norwegen - war schön bei dir! Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Danke Norwegen - war schön bei dir! Norwegen (Foto Reinhard Helle)
Übrigens: Schmuddel- und Schietwetter kann Hamburg auch! Nach der Ankunft in Hamburg, Deutschland (Foto Reinhard Helle)
Übrigens: Schmuddel- und Schietwetter kann Hamburg auch! Nach der Ankunft in Hamburg, Deutschland (Foto Reinhard Helle)

Zwei Nachträge aus dem Home-Office 

Nach unserer Rückkehr veröffentlichten Passagiere, die mit anderen Schiffen nur einige wenige Tage nach uns unterwegs zum Nordkap  waren, Bilder vom nördlichsten Punkt Norwegens… Bei strahlendem Sonnenschein offenbar... Wir sehen auf Bildern leuchtend und schwirrend die schönsten Nordlichter  - bei klarem Himmel über dem Kap... Natürlich versetzt das einen kleinen Stich, aber Neid kommt nicht auf: Ohnehin nutzen wir wie angekündigt unsere zweite Chance: Unsere Reise war nämlich eine Reise, für welche die Hurtigruten-Reederei ein so genanntes "Nordlicht-Versprechen" abgegeben hat. Das heißt: Wenn während einer Reise kein Nordlicht gesichtet werden kann - Grundlage dafür sind Eintragungen von Nordlicht-Sichtungen in das Logbuch des Schiffes - , dann steht den Passagieren eine weitere kostenlose Reise mit einem Postschiff von Hurtigruten  von Bergen  nach Kirkenes - oder umgekehrt - als "Wiedergutmachung" zur Verfügung! Die An- und Abreise werden wir zwar selbst übernehmen müssen, aber das machen wir nach all unseren schönen Erfahrungen an Bord mit Freude...

 

Es gab während unserer Reise tatsächlich keinen einzigen entsprechenden Eintrag im Logbuch der MS Otto Sverdrup  und Hurtigruten  hat bereits  vertragsgemäß Wort gehalten: Es waren nur ein Telefonat und eine E-Mail nötig! Die neue Reise ist gebucht: Wir werden vom 6. bis zum 12. März 2023 mit der MS Richard With  von Bergen  nach Kirkenes fahren...

 

Ganz nach dem Motto unseres Eingangs-Zitats zu diesem dritten Teil des Reiseberichts dürfen wir also dem norwegischen Sprichwort beipflichten: "Wer auf etwas Gutes wartet, wartet nicht vergebens!" 

 

Hier noch ein paar Tipps für den Weg nach Norwegen... 

 

Linkliste 

·         https://hurtigforum.de/cms/ 

·         http://www.hurtigwiki.de/  

·         https://www.norwegenportal.de/

·         https://norwegianlight.com/ (englisch)

·         https://norwegen-freunde.com/

·         http://www.reuber-norwegen.de/


Apps zur (erfolgreichen) Sichtung von Nordlichtern - nur eine ganz kleine Auswahl:

·         Meine Polarlicht-Vorhersage

·         Norway Lights

·         Nordlichtmelder



Unsere Literaturempfehlungen

  •  Drolshagen, Ebba D.: Gebrauchsanweisung für Norwegen; Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, 2019; Schriftenreihe 10430
  • Knoller, Rasso: Norwegen. Ein Länderportrait; Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, Bonn, 2013; Schriftenreihe 1354
  •  Möbius, Michael; Ster, Annette: Hurtigruten; duMont Reiseverlag, Ostfildern; 2019

 

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Links zur Reisevorbereitung:

 

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11 wichtige Begriffe (deutsch – norwegisch)

  • Guten Tag!                -        God dag!
  • Guten Morgen!         -        Good morgen! (morn)
  • Guten Abend!           -        God kveld!
  • danke                        -         takk
  • Frühstück                 -         frokost
  • Mittagessen            -          lunsj
  • Abendessen            -          middag
  • Bier                           -          øl
  • Wein                         -          vin
  • Gemüse                   -          Grønnsaker
  • Wasser                     -          vann

 

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Dieser Beitrag gibt die subjektive Sicht von Reinhard Helle wieder. Er verantwortet als Autor die Inhalte wie die Bilder. Alle in diesem Bericht genannten Literaturhinweise sind darüber hinaus die persönlichen, also subjektiven Empfehlungen von Reinhard Helle und stehen nicht mit Werbehonoraren o. ä. in Verbindung. Des Weiteren ist jegliche vermeintliche Werbung in diesem Beitrag unbezahlt und keineswegs kommerziell intendiert.

 

Spurenwechsler danken Reinhard Helle für den Beitrag!


 

Natürlich freut sich Reinhard Helle  über Fragen, Kommentare und Rückmeldungen, die wir ihm gern weiterleiten...

 

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