Philippinen - Die Inseln der Boholsee: 'Come again!'
von Jörg Schwarz
Wir reisen seit fast fünf Wochen auf den Philippinen, als wir von Camiguin Island (sprich fast wie: "Come again") nach Bohol Island übersetzen - ein Specialride, der einer Nacht- und Nebelaktion gleicht. Früh am Morgen um vier Uhr, also eigentlich mitten in der Nacht, hat uns unser Banka-Fahrer (die Banka ist das typische Auslegerboot der Philippinen) in stockdunkler Nacht aus unserer Holzhütte abgeholt. Mit Taschenlampen und Rucksäcken geht es barfuß zum Strand und schließlich auf das kleine Auslegerboot. Im Dunkeln auf eine mehrstündige und für uns völlig unkalkulierbare Seefahrt in der Boholsee zu gehen, erscheint uns jetzt doch ein ziemliches Wagnis... Wir tun es dennoch, vertrauen uns unserem jungen Bootsführer vollständig an - und bereuen es nicht.
Wir erleben auf dieser Fahrt einen dieser magischen Momente, den man sein Leben lang nicht vergessen wird und der vielleicht gerade dieses kleine kalkulierte Wagnis voraussetzt, das wir jetzt eingehen. Wir gleiten mit unserem kleinen Auslegerboot nun schon einige Zeit über ein spiegelglattes Meer dahin, keinerlei Wellen, der Mond spiegelt sich auf der Wasseroberläche und bietet etwas Licht. Noch ist es kühl, im Fahrtwind fröstelt es uns ein wenig. Im Dunkeln auf einem so großen und jetzt schwarzen Meer in einer kleinen Banka zu sitzen, flößt uns gehörig Respekt ein... Wir sind müde und sowohl von der Monotonie des Motorengeräusches wie des Dahingleitens des Bootes wie betäubt. Irgendwann wird es zaghaft etwas heller, die Sonne deutet ihren baldigen Aufgang an. Genau in diesem Moment, im Moment des ersten Lichtstrahls der aufgehenden Sonne am Horizont, passiert es... Erst schrecken wir kurz aus unserer Müdigkeit auf, müssen die Situation einordnen, dann können wir unser Glück kaum fassen. Überall um unsere motorbetriebene Banka herum tauchen Sie plötzlich und unerwartet aus dem Nichts auf: Delphine. Eine riesige Herde von sicher mehr als 50 Tieren kreuzt unseren Weg und schwimmt, springt und sprintet anschließend für einen kurzen Moment wie ein Geleitschutz parallel zu unserem Boot dahin. Die Herde strahlt eine enorme Wucht an Kraft und Energie aus. Wir sind von ihrer Geschwindigkeit und der Grazie der Tiere im Wasser fasziniert. Im jetzt bereits gleißenden Licht der ersten Sonnenstrahlen scheinen sie uns kurz zu mustern, um genauso schnell wieder zu verschwinden, wie sie gekommen sind... Ein kurzer, aber wunderbarer Moment!
Es ist nicht das erste schöne Erlebnis, das wir auf dieser Reise machen dürfen und auch nicht das letzte. Wir bereisen ein faszinierendes Tropenparadies mit zahlreichen sehr verschiedenartigen Regionen. Die Vegetation ist üppig und tropisch grün, das Meer herrlich klar und blau, die Sonne scheint vom ersten bis zum letzten Tag stabil vom Himmel. Vor allem für Islandhopping und Strandurlaub halten die Phillies mit ihren gut 2000 Inseln und Eilanden mehr als ausreichend Potential für einen fantastischen Aufenthalt bereit. Aber die Philippinen darauf zu reduzieren wäre falsch: Von Luzon im Norden bis nach Palawan (West) und Mindanao (Ost) im Süden des Inselstaates finden sich die unterschiedlichsten, kulturell wie landschaftlich diversen Erscheiningsformen, können Touristen ein vielfältiges und atemberaubendes asiatisches Land bereisen.
Über Cebu City im Herzen der Visayas - jener im Zentrum der philippinischen Inselwelt gelegenen Region - reisen wir zunächst mit dem Bus und der Fähre auf die Insel Bantayan und später mit der Banka weiter nach Malapascua Island - zwei touristisch mittlerweile gut erschlossene und dennoch nach wie vor einsame Strandperlen nördlich der Spitze der Hauptinsel Cebu. Vor allem die wunderbaren Strände, das glasklare blaue Meer und die üppigen Palmenhaine zogen uns hierher. Das Leben auf den kleinen Inselchen ist denkbar einfach, das Dasein der Besucher vor allem relaxed. Gewohnt wird in kleinen Holz- oder Steinbungalows gedeckt mit Palmenwedeln, es gibt auf beiden Inseln zahlreiche Budgetunterkünfte direkt am Meer. Auf beiden Inseln machen wir Ausflüge mit den kleinen Motorrädern, die wir uns in den Bungalowanlagen mieten konnten, fahren die Eilande über gute Sandpisten oder Straßen ab, treffen Einheimische und andere Reisende und nutzen vor allem die Strände und das Meer. Wir schnorcheln, lesen viel, hören Musik, schlafen uns im Schatten von Palmen den stressigen Arbeitsalltag aus der Seele und genießen die guten Bars und Cocktails am Abend. Vor allem die unfassbar leckeren Mangos und Ananasfrüchte, aber auch die Karaoke werden uns unvergessen bleiben...
Irgendwann - wir sind jetzt ausgeruht und im Reisemodus - zieht es uns weiter... Wir wollen jetzt in den raueren und wohl auch etwas gefährlicheren Süd-Osten der Philippinen, zuerst nach
Camiguin Island, nördliches Mindanao und dann nach Bohol: Mit Auslegerboot und Bus zurück nach Cebu City, anschließend mit der großen Fähre (wir teilen uns
eine Viererkabine mit schnarchenden Einheimischen...) nach Cagayan de Oro und schließlich erneut mit Bus und Fähre nach Camiguin. Es zieht uns in die Boholsee.
Ein ziemlicher Ritt, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen: Was für eine schöne Insel! Im Charakter völlig anders als Bantayan oder Malapascua Island erheben sich auf gerade einmal 300 km² sieben Vulkane, laden warme und kalte Quellen im üppig-grünen Inselinneren zum Baden ein. Es gibt schöne Wasserfälle, braune, schwarze und weiße Beaches, hervorragende Tauchreviere und wahnsinnig freundliche Menschen... Wer mit dem Rad oder dem Moped die Insel auf der Ringstrasse umrundet - problemlos und ohne Stress an einem Tag zu schaffen - wird von allen Seiten immer wieder freundlich gegrüßt und angesprochen. Wir erleben neugierige und offene Menschen, wohl auch weil die Insel touristisch noch wenig angesteuert wird... Kurz: Wir fühlen uns auf Camiguin besonders gastfreundlich aufgenommen. Das liegt sicher auch an unserer hervorragenden Unterkunft, direkt am Agoho Beach mit Blick auf die vorgelagerte White Island. Eingerahmt von extrem hohen Palmen fühlen wir uns in unserem Strandbungalow auf Anhieb wohl. Wir werden vom Besitzer zu philippinischem Spanferkel und Bier eingeladen und lassen es uns gut gehen... Überhaupt gibt es in unserer Zeit hier fast immer irgendwo eine Fiesta, irgendwo wird auf der Insel immer gefeiert.
Unser erstes Ziel ist der heimliche Star der Insel: Der jüngste der hiesigen Vulkane, der Hibok Hibok. Er ist uns vom Agoho Beach aus stets drohend im Nacken und gilt als eine der attraktivsten Sehenswürdigkeiten des Eilands. Zumeist ist er völlig von Wolken eingehüllt und man erahnt ihn mehr als dass man ihn sehen kann... Der Vulkan ist aktiv, während seiner letzten Ausbrüche in den Jahren 1948 - 53 kostete sein pyroklastischer Ausbruch hunderte von Menschen das Leben. Wir haben also gehörigen Respekt als wir in der feuchtschwülen Hitze seine Flanke besteigen.
Gut das es im Inselinnern auch weniger anstrengende Sehenswürdigkeiten zu bestaunen gibt. Wir kühlen uns am nächsten Tag - wir sind weit und breit die einzigen Gäste - im kühlen Wasser des Katibawasan Wasserfalls ab und haben dabei interessante Gespräche mit einer jungen Philippina, deren Mutter oben am Eingang zum Fall T-Shirts verkauft. Inmitten tropischen Buschwerks fällt ein schmaler über 200 m hoher Fall in einen (fast) natürlichen Pool. Die Kulisse ist atemberaubend, die Abkühlung ein Segen. Natürlich kaufen wir abschließend ein T-Shirt, auch wenn wir wissen, dass wir es eigentlich nicht tun sollten. Der Schulkarriere unserer kleinen Wasserfallbekanntschaft wird das sicher nicht gut tun... Wie immer sind wir hin und her gerissen, diesesmal lassen wir uns hinreißen, auch weil wir uns fragen, wer hier außer uns sonst etwas kaufen soll...
Weiter geht es für uns mit dem Moped zu zweit in den dichten Palmenwald der Insel hinein. Wir besuchen einen weiteren Wasserfall und machen uns anschließend zu den beiden künstlich angelegten, aber aus Naturquellen gespeisten Thermalquellen auf. Die Ardent Hot Springs sind heiße Thermalquellen mitten im Dschungel! Es fliegen zahlreiche Schmetterlinge und Vögel, zwischen den Bäumen hängen beeindruckende Spinnennetze, in deren Zentren wahre 'Monster' lauern... Ich bin besonders vorsichtig wohin ich laufe, denn die Vorstellung, diese Viecher im Gesicht hängen zu haben, erschüttert mein stabiles Wesen... Die etwa 40 Grad Celsius heiße Quelle wird über zahlreiche Höhenmeter - Becken für Becken - von oben nach unten abgekühlt. Durch zusätzlich zugeführtes kaltes Wasser genießen wir erst sehr warme, dann warme und schließlich lauwarme Thermalbecken... Wir sitzen also so mitten im schwül-heißen Urwald in warmem Wasser, um uns herum die Geräuschkulisse der tropischen Flora und Fauna und entspannen uns großartig. Was für ein Ort!
Natürlich ist es eigentlich eine Schande, wenn man so ein klares und fantastisches Meer vor der Haustür hat, dass man sich in einem Pool vergnügt... Wir sind dennoch neugierig, was die Philippinos hierher treibt und fahren den Ort besuchen: Die Sto. Niño Cold Springs sind ein angesagter Treffpunkt der Einheimischen, die scheinbar lieber hier als im Meer abkühlen. (Sehr) kalte Quellen speisen einen groß angelegten Pool. Wir sehen überall die typischen philippinischen Picknickhütten, hier wie da wird gegrillt, es vergnügen sich zahlreiche einheimische Familien mit den Kindern. Es geht nicht anders zu als in einem europäischen Freibad. Wir kühlen uns kurz ab und fahren schnell weiter, auch weil wir als einzige Fremde hier doch ziemlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen... Leider ist das nicht nur nett und angenehm, denn einige Gäste haben dem Alkohol sehr zugesprochen...
Uns zieht es viel lieber ans Meer. Heute fahren wir mit einer Banka auf die vor unserem Strand gelegene White Island, der einzige schneeweiße Sandstrand auf Camiguin - mitten im Meer und völlig von Wasser umgeben. Wir vereinbaren einen Abholzeitpunkt und genießen den Blick zurück auf die Vulkaninsel. Leider gibt es hier weder echte Landmasse noch Vegetation - Schatten ist eigentlich Fehlanzeige. Gott sei Dank hat jemand zum Schutz ein Holzgestell gebaut, auf dem mit Palmwedeln ein wenig Schatten produziert wird... Ein riesen Erlebnis dennoch. Wer Strände liebt, wird den weißen Streifen mitten im Ozean mögen - schon wegen seiner Einsamkeit und der Rundumsicht aufs offene Meer. Und dann ist da ja noch der Blick auf Camiguins Profil...
'Come again' | Camiguin - die Wortspielerei wird für uns zu einer Sehnsucht! Wir werden sicher wiederkommen...
Nach unserer beeindruckenden nächtlichen Fahrt mit der Banka über die Boholsee haben wir auf Bohol erneut die Qual der Wahl: Wir entscheiden uns für ein eher abgelegenes und ruhiges Domizil für unsere letzte Woche auf den Phillies: Wir verschmähen den schönen aber touristischen Alona Beach und steigen am Doljo Beach auf Panglao Island (eine vorgelagerte Halbinsel) ab. Panglao Island selbst bietet ein paar schöne Strände, eine touristische Infrastruktur und insbesondere Wal- und Delphin-Touren... Letzteres ist ein Vergnügen, dass wir uns angesichts unserer zufälligen Delphin-Begegnung auf See ersparen können. Wir konzentrieren uns daher voll auf Bohol.
Mit dem Moped machen wir uns zunächst zu einer anstrengenden aber extrem lohnenswerten Tour in das Zentrum der Insel auf. Unser Ziel sind die sog. Chocolate Hills, jene nach wie vor rätselhafte Hügellandschaft mitten auf der Insel, die - abhängig von der Saisonzeit - wie bräunlich-beige Schokoladenpyramiden aussehen und daher ihren Namen haben... Irgendwie erinnern sie uns an Tobleroneblöcke... Die Chocolate Hills lassen sich von einigen Hügeln aus gut von oben bestaunen und sind wohl das meist fotografierte Motiv der Insel Bohol. Mag Bohol durch sie erst berühmt geworden sein, hat die Insel doch so viel mehr zu bieten...
Während der Mopedfahrt auf guten Straßen fahren wir durch wunderschöne Tropenlandschaften: Bananenstauden, Palmen und Mangobäume säumen unseren Weg, wir sehen Ananas- und Reisanbau. Die Natur ist üppig grün, Zikaden begleiten uns akustisch, wir fahren durch unzählige kleine und belebte Örtchen mit sehenswerten alten Kirchen und freundlichen Menschen. Natürlich halten wir an der Tarsier Conservation Area und bestaunen die kleinen knuddeligen, in der Natur nur selten zu sehenden Philippinen-Koboldmakis. Wir freuen uns, dass wir sie sehen, haben aber schon ein schlechtes Gewissen, denn sie müssten jetzt - am Tage - doch eigentlich ruhen oder schlafen. Koboldmakis sind nachtaktive Säuger...
Wir passieren eine Reihe von Kunsthandwerksständen, in denen es hervorragend filigran gearbeitetes Web- und Korbgeflecht zu erwerben gibt, kleine und große Truhen, runde, eckige, hohe und flache Körbe aller Art, Schmuckkästchen im wahrsten Sinne des Wortes. Wir können nicht widerstehen und nehmen zwei kleine wunderschöne Körbe mit Deckel an Bord.
Dann fahren wir - das Gefühl ist beeindruckend - aus der schwül-heißen Landschaft plötzlich in den Men-Made-Forrest, ein Wald aus eng stehenden Mahagoni-Bäumen, die von jetzt auf gleich ein völlig anderes Mikroklima im Schatten des Waldes erzeugen. Es ist feuchter, kühler und man scheint ein völlig anderes Land zu riechen... Fantastisch fühlt sich das an! Dann erschrecken wir plötzlich... Im zu beiden Seiten ansteigenden Mahagoniwald sitzen links und rechts von uns - wir, wie auf dem Präsentierteller - bewaffnete Männer in Tarnanzügen. 'Oh Mann!' - schlagartig ein anderes, beängstigendes Gefühl! Unser Herz schlägt einen Moment höher. Soldaten? Diebe? Da uns erstmal niemand unsere Fragen beantwortet, bleiben wir auf Spur, schauen einfach auf die Straße voraus und rasen - nun deutlich schneller als zuvor - durch den Wald hindurch... Es passiert zum Glück: Nichts! Durchatmen... Später lesen wir, dass es in der Region nach wie vor bewaffnete Rebellengruppen geben soll.
Ausserhalb des Waldes fahren wir erneut in feucht-warmer Luft, es wird immer heißer und unangenehmer. Wir fahren jetzt deutlich nachdenklicher bis zu den Schokoladen-Hügeln durch die Landschaft. Dann staunen wir nicht schlecht über die mehr als 1200 zwischen 40 und 120 Meter hohen Kegel, welche die Landschaft vom Aussichtspunkt aus zu einer einzigen Buckellandschaft werden lassen... Tolle Aussicht!
Nachdem wir nach einer anstrengenden Rückfahrt von den Schokoladen-Hügeln einige Tage am Strand relaxen, machen wir auf dem Loboc River noch eine spektakuläre Fahrt mit dem Auslegerboot zu den eher unspektakulären Busay Falls. Überhaupt nutzen wir die verbleibende Zeit für kleine Touren auf der Insel Bohol oder schauen uns auf Panglao Island um. Wir genießen das Meer und die Sonne und können die Inseln den Boholsee heute sehr empfehlen!
Adios Amigos! Adios Phillies!
Freuen uns über Kommentare: