Bericht Nr. 54
Moin Moin und Frohes Neues Jahr 2019!
Wir hoffen sehr, dass Ihr alle einen schönen und - je nach individuellem Wunsch - gut verlaufenen Jahreswechsel erlebt habt, dass das Neue Jahr besser oder sagen wir noch besser wird, als schon das Alte! Aber noch mehr sind wir heute bei all denen, die im Jahr 2019 in eine ungewisse oder schwierige Zeit gehen! Wir sind in Gedanken bei Euch und stehen an Eurer Seite!
Ich sitze heute auf meiner Terrasse und blicke im Hintergrund auf das Meer bei Mui Ne, im südlichen Vietnam… Leider liegt eine Straße dazwischen und so toll ist der Strand hier nicht, Dafür bewohnen wir einen richtig guten Bungalow in einem schönen Palmenhain und genießen einen kühlen Pool. Eine der wohl schönsten Anlagen hier, wie wir uns überzeugen konnten. Auch wenn die Umstände hier also gerade ein wenig gemischt erscheinen: Abends gibt es Seafood satt und morgen wollen wir zu den weltberühmten Sanddünen…
Ja, wir sind also weitergezogen und haben bereits ein gutes Stück in Vietnam hinter uns gebracht, in dem leider – quasi mit unserem Betreten des Landes im Süden – eine dichte Wolkendecke die Sonne verhüllt. Die Großwetterlage - ein schweres Unwetter zieht weit ausgedehnt von den Philippinen an der vietnamesischen Küste entlang nach Thailand - lässt für die kommenden Tage nichts Gutes vermuten... Natürlich trübt das ein wenig die Freude, wirkt sich das auf den ersten Eindruck zu Vietnam aus, einem Land, mit dem wir bisher – es gibt wie immer Ausnahmen von der Regel – noch nicht so richtig warm geworden sind.
Wir werden diesen Blogbeitrag Nr. 54 in zwei Teile splitten... Allein der Saigon-Teil ist derart angeschwollen, dass wir daraus in den kommenden Tagen einen Blogbeitrag Nr. 55 machen werden. Um dann alles vollständig zu haben, werden wir sämtliche Reiseinformationen zu Saigon/Ho-Chi-Minh-Stadt auch erst dann komplett aufnehmen und uns hier heute mit praktischen Reiseempfehlungen zu Saigon noch zurückhalten... Aber seht selbst:
Folgt uns IN DIE SPUR!
Im Bassac-Delta: Untouristisches aber sprödes Chau Doc
Wir verlassen also Kambodscha… Das tut weh, denn wir waren gern hier! Mit Sack und Pack machen wir uns erneut mit unserem hiesigen Tuc Tuc-Fahrer in Richtung Grenze auf. Das dauert zwar gut ne Stunde länger als mit einem gecharterten Taxi, aber er holt uns vom Homestay ab und es ist günstiger sowie unzweifelhaft angenehmer. Die Straße ist gut, wir rollen eben dahin und haben einen kühlen Fahrtwind im Gesicht. Links und rechts von uns zieht noch einmal diese wundervolle Landschaft vorbei und wir haben etwas mehr Zeit uns zu verabschieden… An der Grenze werden wir an einem Häuschen abgesetzt, man weist uns den Weg und dann geht alles sehr sehr schnell. Nach unseren Erfahrungen an der thailändisch-kambodschanischen Grenze haben wir es anders erwartet, aber hier sind alle ausnehmend freundlich, professionell und fix.
Auf der anderen Seite der Grenze warten schon die Motorradtaxen auf uns. Sie rufen einen hohen Preis auf, wissen um ihre Marktmacht und versichern uns glaubhaft, dass sie uns sicher in 40 Minuten mit all unseren Sachen nach Chau Doc bringen werden… Gesagt getan: Die großen Rucksäcke „verschwinden“ zwischen den Beinen der Fahrer, die kleinen Backpacks auf unserem Rücken und dann geht es auch schon los auf zwei 80er-Maschinen Marke Honda… In rasantem Tempo, so viel kann man anmerken! Hallelujah legen die Jungs ein Tempo vor… Wir befinden uns nun fast durchgängig in der Überholspur… Nein, eine eigene Spur gibt es hier natürlich nicht dafür, aber das hindert niemanden daran, einfach so schnell zu fahren wie eben machbar und sich einen Weg zu bahnen, den man wohl nur als „individuell, spontan und intuitiv“ bezeichnen kann… Alles egal, wir kommen heil in Chau Doc an und lernen ein erstes Mal, dass man sich hier leider nicht auf die Ortsangaben der Hotels in den online-maps verlassen kann… Am Ende wohnen wir abseits der Stadt in einem Neubauviertel, dass uns gut 30 Minuten zu Fuß in die Stadt kosten wird, aber auch einiges an Annehmlichkeiten bereithält… Das Hotel ist – na ja, schenken wir uns dieses Kapitel mit der Bemerkung, dass man angesichts der Größe von Geckos deren Menge an Kot nicht unterschätzen sollte… :-)
Wir machen uns auf den Weg und überqueren eine große Brücke über den breiten Bassac-Fluss, über den wir alternativ auch per Boot nach Vietnam hätten reisen können. Vietnam: Wie anders hier wohl alles sein wird…? Von der Brücke aus haben wir einen exzellenten Blick auf die hiesigen Schiffe und Boote im Fluss, wir sehen zu beiden Ufern eine totale Randbebauung mit Stelzenhäuschen und Wellblechhütten und auf dem Wasser zahlreiche Schwimmende Behausungen… Überall findet man die typischen kegelförmigen Vietnamhüte, die wir schon von den vietnamesischen Minderheiten aus Kambodscha kennen. Es geht geschäftig zu, hier wird Fisch ausgenommen, dort im selben Wasser gebadet… Hier wirft jemand seine Netze aus, dort schwimmen Kinder im Wasser und ich denke bei mir: Ich würde da nicht freiwillig reinsteigen… Die Szenerie aber ist exotisch und verheißungsvoll, mächtig asiatisch und ungeschönt. Chau Doc ist ganz sicher nicht das, was man touristisch nennt.
Wir sind auf dem Weg in die Stadt, laufen unter der aufmerksamen und eher kühlen Beobachtung durch die Einheimischen die Straßen ab, suchen ein Restaurant oder eine Garküche und landen zunächst mal auf dem sehenswerten Markt. Wie immer gehört er auch in Chau Doc zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, strotzt vor Üppigkeit und Reichtum, exotischen Gerüchen und ungewohnten Auslagen… Auch hier begegnet man uns eher schroff und abweisend, nur einmal erwische ich eine junge Verkäuferin dabei, wie sie uns neugierig und unverhohlen taxiert – als sie es bemerkt, huscht ein Lächeln über ihre Lippen… Na es geht doch! Wir besuchen zwei der direkt am Markt gelegenen Pagoden der Stadt, verschieben unseren Hunger noch etwas nach hinten und brauchen anschließend jetzt aber mal dringend was zu essen. Unsere Erwartungen sind hoch, hören wir doch allenthalben, wie gut die Vietnamesische Küche in Vietnam sein soll…
In Chau Doc aber ist das gar nicht so einfach… Es finden sich keinerlei englische Aufschriften, Vietnamesisch haben wir noch nicht drauf und die hiesigen Restaurants oder Essensgelegenheiten halten sich rar… Es fällt uns schwer überhaupt irgendein Restaurant ausfindig zu machen… Ihre Identifikation gelingt uns erstmal nicht und auf der Straße erkennen wir an den Ständen so gar nicht, was man überhaupt bestellen könnte… Wir verstehen einfach nichts und niemanden und wir haben nicht das Gefühl, als wollte man uns helfen oder anderweitig auf die Sprünge helfen. Im Gegenteil: Man lässt uns nicht nur einmal ziemlich kühl und schroff auflaufen… Na schönen Dank auch, das kannten wir bisher so noch nicht! Also halten wir uns erstmal an den Reiseführer, finden am Ende völlig ausgehungert ein Restaurant mit englischer Speisekarte und bestellen zunächst ein Bier um unsere Überraschung zu verdauen: Was ist denn hier los in Vietnam…?
Nun gut, wir werden satt, laufen noch die wenig attraktive Stadt ein wenig ab und beschließen fortan in unserem Kiez zu bleiben, denn es stellt sich heraus, dass es dort gar nicht mal so schlecht und doch deutlich ruhiger ist, die Menschen freundlicher und die kulinarische Versorgung besser… Wir entdecken ein chilliges Café mit engagierten und freundlichen jungen Menschen – eigentlich ein Teehaus, in dem wir das erste Mal die vietnamesische Art der Kaffeezubereitung kosten – sowie das beste Restaurant unserer ersten Vietnam-Tage in der Nähe des Hotels… Hier lässt es sich aushalten, lange bleiben wollen wir in Chau Doc ohnehin nicht.
Wir sind tatsächlich etwas überrascht von Vietnam, wie es uns in den ersten Tagen begegnet… Von der vielbeschriebenen Freundlichkeit der Menschen hier haben wir zunächst nur einen Bruchteil abgekriegt oder uns einfach noch nicht wert erwiesen. Die hohe Qualität der hiesigen Küche hat sich uns noch nicht erschlossen und die Verständigung gelingt uns fast gar nicht. Als wir einen Taxifahrer bitten uns zum Busbahnhof zu bringen – Busse nach Can Tho – versuche ich mich an allen mir nur erdenklich scheinenden Aussprachen dieses Namens… Vergeblich. Am Ende lacht er mich aus, als ich ihm das aufschreibe… „Ach so! Can Tho!“ – „Sag ich doch!!??“ Wir werden gut 30 Minuten im Taxi brauchen, um über eine Sprach-App irgendwie zu Rande zu kommen… Selbst hier geht noch manches schief. Am Ende fährt er uns für einen guten Preis direkt nach Can Tho, weil er uns versichert, dass das mit dem Bus kompliziert sein könnte – wir glauben es jetzt aufs Wort und sind sicher, dass wir hier nicht aufs Glatteis geführt worden sind…
Die Schwimmenden Märkte von Can Tho
Als wir in Can Tho ankommen und unser Hotel beziehen, fühlt sich alles schon etwas besser an… Es ist ein ziemlich gutes Haus mit Raum, sauber, vielen Annehmlichkeiten und liegt mitten im kunterbunten Marktgeschehen dieser deutlich schöneren Stadt… Wir stöbern an der Flusspromenade entlang, lassen uns durch die Straßen treiben und heute mal wieder massieren. Restaurants finden wir hier zu Hauf, allein so wirklich überzeugend ist das alles noch nicht, was man uns vorsetzt. Selbst vietnamesische Klassiker wie die Pho Bo-Suppe sind in Berlin um Klassen besser… Aber vielleicht hätten wir dem Lokal gleich die Hacken zeigen sollen, als wir den Menü-Top „Rat“ (also Ratte) gelesen haben…
Wenigstens gelingt es uns jetzt recht schnell ein paar Menschen zu finden, die die wichtigsten Floskeln des Englischen beherrschen und uns ein Boot für den kommenden Tag anbieten… „Selbstverständlich habe das Boot ein Dach und selbstverständlich ist es ein kleines Boot“! Es ist ausgemachte Sache, dass „wir zwei Schwimmende Märkte sehen werden, den hiesigen und den viel schöneren Zweiten…!“ – „Phong Dien?“ frage ich zurück… - „Ja, ja, antwortet sie, in einer Mischung aus Ausweichen und Selbstverständlichkeit. „Und der Preis enthält Verköstigung und alles wird gut!“ sagt sie noch. Wir willigen ein, lassen uns sogar zu einer Anzahlung überreden und vereinbaren die Abholung am nächsten Tag für 5:00 Uhr! „Dafür spendiere ich Euch einen Kaffee!“, sagt sie noch und zieht von dannen… Irgendwie haben wir kein gutes Gefühl…
Früh morgens also geht es los. Der Fahrer, der ganze drei Worte Englisch spricht, erweist sich als wirklich sehr patenter Kerl. Es ist noch stockdunkel, als wir – in unserem Boot allein - mit anderen Touristen in die kleinen Boote steigen und uns auf den Weg zum berühmten Cai Rang-Markt machen. Große Touristenboote überholen uns pausenlos, sie sind deutlich größer und schneller, in ihnen sitzen Chinesen und Vietnamesen – eher selten Europäer. Als es heller wird – leider zeigt sich die Sonne auch heute Morgen hinter den Wolken nicht – erreichen wir den Schwimmenden Markt, der sich uns als Großmarkt darstellt… Wenigstens verglichen mit den thailändischen floating markets sind hier sowohl der Fluss als auch die Boote deutlich größer und wir kommen uns mit unserem Miniboot jetzt etwas verloren vor… Doch bevor wir uns an die Erkundung machen, erhalten wir den versprochenen Kaffee, wir halten dafür an einem anderen Boot, das sich nun für kurze Zeit an uns festkeilt und zwei Becher präpariert. ‚Ahh, Kaffee‘, denke ich noch, ‚das wird uns guttun…‘ Schon nach dem ersten zaghaften Schluck jedoch wissen wir beide: Das werden wir nicht trinken können… Nach was auch immer das schmeckt, Kaffee ist es jedenfalls nicht! Es ist ekelhaft. Wir erinnern uns an manche Warnung Vietnam-erfahrener Traveler, dass es im Land sowohl guten als auch furchtbar schlechten Kaffee gebe und müssen feststellen: Dieser hier gehört zur Gruppe der Ungenießbaren… Irgendwann kippen wir ihn in den Fluss…
Das Marktgeschehen ist quirlig und interessant, aber nicht so spektakulär, wie erwartet und erhofft. Statt zahlreicher kleiner Boote sehen wir nur große Händler, die Melonen, Kürbisse oder Kohl von größeren Dschunken verkaufen, zahlreiche Händler scheinen heute gar nicht aktiv zu sein, ihre Schiffe liegen aneinandergekettet im Fluss… Stattdessen sehen wir Menschen, die auf ihren Booten leben und sich gerade für den Tag fertig machen – sie putzen sich über dem Fluss die Zähne, kippen die Frühstücksreste ins Wasser oder laufen im Schlafanzug das Deck des Schiffes ab. Wer Speisen will findet große Touristen-Restaurantboote, die kleinen, uns aus Thailand bekannten Garküchenboote, fehlen vollends. Da sich die Sonne nicht zeigt, ist es zum Fotografieren noch recht dunkel und überhaupt fehlt es uns an Atmosphäre und Flair eines Schwimmenden Marktes… Wir sind ein wenig enttäuscht und blasen zum Aufbruch: Nun aber mal zum Phong Dien-Markt… Noch während ich das ausspreche merke ich eine Irritation unseres Bootsmanns, der sich nun mehrfach eines Namens vergewissert, den ich nie gehört habe… Was das bedeuten soll, entzieht sich uns zunächst… Am Ende bleibt mir gar nichts anderes übrig, als kurz zu nicken… Wird schon stimmen!
Gut eineinhalb Stunden lang fahren wir nun den breiten Fluss entlang, kommen nur langsam voran mit unserer Nussschale und die Zweifel werden größer. Vorbei an Werften und großen Industriehallen, immer wieder aber auch Häusern und kleineren Kanälen schippern wir – zum ersten Mal auch im Sonnenschein – in einen schmaleren Flussarm hinein, wo nach weiteren hunderten von Metern eine armselige Ansammlung von vielleicht 10 kleinen Bötchen zu sehen ist, die nach unserer Auffassung hier für Touristen zusammengekarrt wurden. Auch Touristen finden sich plötzlich in kleiner Zahl an Booten… Unzweifelhaft ein kleiner Schwimmender Markt, aber ganz sicher nicht der, den wir eigentlich sehen wollten… Schon die gesamte Fahrt über realisiere ich, dass wir völlig falsch fahren, aber die Verständigung funktioniert immer dann nicht, wenn sie nicht gewollt ist… Man hat uns also von Anfang an was vorgemacht…
Wir nehmen es wie es ist, erkennen das Bemühen der hiesigen Marktverkäuferinnen und schießen im nun vollends sonnigen Morgenlicht ein paar schöne Bilder, denn die Optik stimmt. Immerhin. Natürlich essen wir uns durch die hiesigen Früchte – sie waren im verhandelten Preis ohnehin inbegriffen – und fahren nun – sehr zu unserer Freude – endlich auch mal in die kleineren Kanäle rein, deren Wasser zwar auch nicht sauberer und angenehmer, deren Szenerie mitsamt den angrenzenden Uferzonen und wunderschönen Grundstücken rechts und links aber etwas fürs Auge ist… Wir passieren einige Hochzeitsgesellschaften, die am Ufer der Flüsse unter lautstark wummernden Bässen und reichlich Alkohol feiern, erleben deutlich ruhigere, fast idyllische Passagen und kehren über den großen Strom zurück zu unserem Quartier… Man muss es zugeben: Die Fahrt mitsamt den Schwimmenden Märkten ist an sich nicht schlecht und ihren Preis ganz sicher wert, aber unsere Erwartungshaltung war deutlich höher… Ich bin sauer, dass man uns – trotz besseren Wissens – statt des gewünschten Schwimmenden Marktes irgendeinen improvisierten Witzmarkt verkauft hat und kann meine Enttäuschung nur schwer verdauen. Das hat man mit uns schon lange nicht mehr gemacht und in der Folge setzen wir Vietnam auf unsere ganz persönliche Beobachtungsliste…
Ho-Chi-Minh-Stadt - Mit Boney M zurück in die Zukunft...
Wir bestellen uns noch im Hotel in Can Tho zwei Bustickets und werden abgeholt. Mit dem Minibus geht es zum Busbahnhof, wo wir ein erstes Mal staunen: Unser FUTA-Bus hat ausschließlich Liegesitze – sie erstrecken sich in drei Reihen von vorn nach hinten und auf zwei Ebenen übereinander. Wir erfahren, dass das in Vietnam durchaus nicht unüblich ist und quetschen uns hinein, in die kleinen Sitzkabinen… Die Sitze allerdings sind eng, schmal und für Menschen mit 1,90 m Länge reicht der Platz zum Ausstrecken der Beine einfach nicht aus – weder in der Länge noch in der Höhe. Ich kann machen, was ich will, ich finde hier einfach keinen Platz. Ich werde sie fortan - über 3 Stunden lang – komplett angewinkelt halten müssen und sitze ziemlich unbequem…
Natürlich bin ich froh, als wir Saigon erreichen… Ein Taxi bringt uns – Lautstärke und Qualität der Boxen erinnern eher an eine Diskothek denn an ein Taxi - unter den lange nicht gehörten, aber für unschlagbar befundenen Rhythmen von Boney M und den 70ern - in das Zentrum der Stadt – District 1! „She‘s crazy like a fool“ dröhnt es mit tiefer Stimme aus der Box… „What about it Daddy cool“ antwortet der weibliche Chor… Ich gebe zu, ich gehe mit dem Fuß den Rhythmus ordentlich mit und schnippe mit den Fingern, als der Fahrer mit dem ausgestreckten Arm auf die weiter da hinten gelegene Partymeile verweist, in der das touristische Hauptgeschehen in der Stadt tobt … Wir sind also mittendrin in Saigon, sind vom Rhythmus der 70er betört, als wir in die kleine Gasse treten, die recht eigentlich aber wohl eher ein enger Hauszwischenraum ist. Das allerdings hält Mopeds hier nicht ab: Gerade noch so können wir zur Seite springen… An einem kleinen Plätzchen findet sich ein Café, ein kleines Restaurant, eine Boutique sowie zwei Hostels… Als wir in unseres eintreten erstrahlt ein Sonnenschein!
Wir werden nun tatsächlich mal auf unbeschreiblich sympathische Weise willkommen geheißen, Ana und ihre Schwester Lili strahlen und empfangen uns herzlich. Wir beziehen unser Zimmer, erhalten zahlreiche praktische Infos und der Funke springt schnell über. In den kommenden Tagen werden wir fantastisch frühstücken, über das Leben und das Glück sinnieren und von Ana die ein oder andere Aufklärung in Sachen Vietnam erhalten… Unser Zimmer mag klein sein, das Herz von Ana dafür umso größer! Endlich der erhoffte Durchbruch in Vietnam… Und dazu diese Stadt: Saigon oder Ho-Chi-Minh-Stadt oder Sai Gon… Egal: Der Inbegriff eines chaotischen aber ansehnlichen und spannenden asiatischen Städtchens, das heutzutage einen nicht für möglich gehaltenen Strom von Mopeds durch die Stadt schiebt, vor allem in der Rushhour… Man muss es selbst erlebt und mit eigenen Augen gesehen haben, sonst kann man die Dimensionen nicht erahnen… Ein Verkehr in kompletter Regellosigkeit und doch so einförmig…
Wir laufen den District 1 ab, erschließen uns seine touristischsten Straßenzüge, die - sieht man vielleicht von der ziemlich überbordenden Partymeile mal ab - noch viel vietnamesisches Flair verströmt. Aber erstmal muss man lernen, die Straße zu überqueren, denn selbst bei grüner Fußgängerampel hat man kein freies und sicheres Geleit... Von allen Seiten und aus allen Richtungen, ja selbst auf den Bürgersteigen, schiessen Mopeds in allen Geschwindigkeiten an uns vorbei und wir müssen erst mit viel Überwindung Erfahrungen sammeln... Nach ein, zwei Tagen haben wir es raus: Einfach mutig sein und im richtigen Moment losgehen, immer im Fluss bleiben und nie stoppen und zur Not schnell zur Seite springen... :-)
Die Touristen- und Partyzone der Stadt - zu der uns schon Ana aus unserem Hostel sagt: "An diesem ATM/Geldautomaten könnt ihr Geld ziehen, hier (sie markiert die Partyzone) könnt ihr es schnell wieder loswerden...!" - erweist sich als neonbunt schillernder und leuchtender Rotlicht-, Club- und Kneipenkiez, in dem sich Restaurants, Bars und Massagesalons der eher zweifelhaften Art die Klinke in die Hand geben... Ein buntes Treiben und Gewimmel in der Nacht, laute Musik und schrille Typen, aber auch ruhige Seitengassen mit netten Unterkünften und chilligen Cafés... Nicht jeder wird hier glücklich werden, aber man muss hier auch nicht unglücklich sein: Wir trinken in dieser Umgebung jeden Abend unser Absackerbierchen, beobachten das interessante Treiben aus dem Hintergrund und essen in den vietnamesischen Restaurants vorzüglich zu gutem Preis... Anschließend laufen wir nur durch den Park zurück und verschwinden in unserer Seitenstrasse und beamen uns so während eines Katzensprungs in einen völlig anderen Kontext hinein. Saigon, das ist auch die Stadt mit diversen Parallelwelten...
An anderen Tagen wollen wir uns der Geschichte des Landes und der Stadt ein wenig näher widmen, wir besuchen das Kriegsmuseum und den Wiedervereinigungspalast... Letzterer beeindruckt uns sehr, denn wir marschieren durch ein Gebäude im besten Stile der 60er Jahre, erfahren viel zu Wirren und Machtkämpfen in und um das Land, den Vietnamkrieg und seine Hintergründe und fühlen uns in die Bunker des Berliner Untergrunds zurückversetzt, die vor einem Atomkrieg hätten schützen sollen... Eine spannende Reise durch die Historie Vietnams, die in den Spannungen des sog. Kalten Krieges hier sehr heiß geworden ist...
Vorbei an alten hinduistischen und buddhistischen Tempeln und dem zentralen Sai Gon, das heute mehr moderne Hochhausgebäude besitzt als andere Teile der heute wohl 16 Millionen-Metropole - u.a. der stylische Bitexco Financial Tower, von dessen Aussichtsplattform man auf die Stadt von oben blicken kann -, laufen wir an Sehenswürdigkeiten und Hotelkomplexen vorbei zur berühmten Pagode des Jadekaisers. Es ist schon am Dunkeln, als wir die Pagode erreichen und so werden wir just zu einer der meist frequentierten Zeiten anwesend sein und die intensiven Rituale der Gläubigen verfolgen können. Die Pagode ist ein um 1900 n.u.Z. von Kanton-Chinesen errichteter, mit einem sehenswerten und kunsthistorisch faszinierenden Ensemble von Symbolen, Figuren und Ornamenten, in seiner unbeschreiblich dichten Atmosphäre rauchender Kerzen und Stäbchen, verbrennernder Öle und Gott weiß was sonst nocht für Utensilien, ausgestatteter Tempelkomplex. Die Menschen hier besuchen ihn rege, beten voller Intensität und religiöser Inbrunst für ein besseres Leben und ein wenig Glück - vor allem Menschen mit dem Wunsch nach Kindern pilgern hier regelrecht her... Als wir den Raum betreten, sind Gott sei Dank nur noch wenige Tourgruppen anwesend...
Wir werden an der Tür vom Erdgott (links) und dem Türgott (rechts) begrüßt, während in der dem Buddha geweihten ersten Vorhalle vor allem die zwei übermannshohen Figuren der Generäle beeindrucken, die den Blauen Drachen (der Osten, das Zeugen) und den Weißen Tiger (den Westen, das Sterben) gezähmt haben sollen... Der Jadekaiser thront erst in der Haupthalle der Pagode als imposante Erscheinung. Seine Funktion ist die des Wächters des Tors zum Himmels, in den nur jene hineingelassen werden, die ein Leben voller Verdienste führen... Er seinerseits ist umrahmt von seinen Beschützern und der 18-armigen, dreigesichtigen Phat Mau Chuan De... Alles hier strotzt vor Bedeutung und heiliger Atmosphäre und setzt sich in den Nachbarräumen fort. Links der Haupthalle beispielsweise kann der Gläubige erkennen, was ihn in einer der 10 Höllen wiederfährt, in die er gelangt, wenn er den Jadekaiser nicht wohlgesonnen stimmen kann... Sehr beeindruckende Reliefs und Holzarbeiten sehen wir hier und wahnsinnig interessante Rituale der Menschen...
Beeindruckt von den taoistischen Ritualen, Figurenensembles und Symbolen der Pagode des Jadekaisers wollen wir den Rückzug antreten, wir haben zum Hostel noch einen ordentlichen Fußweg vor uns... Doch der ist erstmal verstellt. Wolkenbruchartiger Regen bricht auf die Stadt und die Pagode nieder, wir warten eine gute halbe Stunde in der nun ziemlich tropfenden heiligen Halle, bis es nur noch nieselt. Das nützt aber mal so gar nichts, denn Straßen und Vorhof der Pagode stehen beinahe knietief unter Wasser... Das Abflussystem konnte diese Wassermassen einfach nicht bewältigen... Erst nach einer weiteren halben Stunde springen wir von Insel zu Insel aus dem Pagodenhof und erblicken den hiesigen Verkehr: Doch auch da geht jetzt erstmal gar nichts: Alle Taxen besetzt, die Grab-App (eine Art Uber-Taxi-System) scheint zusammengebrochen und der einzige freie Taxifahrer, den wir finden, weil er vor unserer Nase jemanden absetzt, verweigert jetzt - in der Rushhour - eine Fahrt in unseren Distrikt, schlicht, weil er da gerade ohnehin nicht durchkommt... Was für ein Verkehr und das haben die hier jeden Abend...
Wir machen aus der Not eine Tugend, lassen uns im nahegelegenen SPA erst unsere Füße waschen und trocknen, in der Sauna schönschwitzen und dann massieren... Auf diese Weise kommen wir anschließend nach gut 2 weiteren Stunden problemlos im nun abnehmenden Verkehr zurück zum Hostel...
Morgen wollen wir aber mal raus aus der Stadt... Ein weiteres Highlight steht an: Die sehr besondere und einzigartige Religion Vietnams, die es wohl so nur hier gibt und eine Reihe von Religionen wie den Taoismus, den Katholizismus oder den Buddhismus verschmelzt: Wir besuchen neben den Tunnelsystemen der Vietkong (Vietnamkrieg) das Zentrum des ähnlich dem katholischen Papsttums organisierten Cao Dai-Religion an der kambodschanischen Grenze (Tay Ninh)... Aber das alles und viel mehr von Saigon im Zweiten Teil dieses Blogbeitrags - in ein paar Tagen!
Empfehlungen
Wir beschränken uns heute erstmal auf Empfehlungen zum Bassac-/Mekongdelta und liefern unseren praktischen Reiseteil zu Ho-Chi-Minh-Stadt im Blogbeitrag Nr. 55 (in ein paar wenigen Tagen) nach.
Unterkunft
Chau Doc (Mekongdelta)
Unser Hotel in Chau Doc kann als reines Missverständnis gelten, weshalb wir hier keine Empfehlung aussprechen wollen und können...
Can Tho (Mekongdelta)
Um so eher möchten wir das folgende Hotel in Can Tho nahelegen, das sich quasi inmitten des quirligen und jederzeit spannenden Marktes befindet und eine wirklich ganz hervorragende Option ist:
- Das West Hotel, Nr. 88-90-92 Hai Ba Trung Street, Tan An Ward, Ninh Kieu Distrikt, Tel. +84 (0)292 381 22 66 bzw. +84 (0)292 368 33 68 und +84 (0)292 368 86 89; info@canthowesthotel.co, wartet mit hohem Zimmerstandard, fantastischen Matratzen und einem hervorragenden Frühstücksbuffet auf. Ihr habt einen Pool mit einigen wenigen Liegen zur Auswahl und der Weg in die City führt auf kurzem Weg durch das Marktgeschen direkt zum Pier (Schwimmende Märkte) oder zum kleinen Nachtmarkt... Wenn jetzt noch der Service an der Rezeption durchgängig angemessen wäre... Aber man kann nicht alles haben. Noch ein Hinweis: Zugang per PKW nur von der Rückseite des Hotels und der dortigen Straße!
Speisen
Chau Doc (Mekongdelta)
Eine ganz schwierige Prozedur für uns war das Finden einer Lokalität, in der wir uns mit dem Personal überhaupt erstmal über das Angebot dessen, was es zu essen gibt, haben austauschen können...
- Hier war das möglich, die Küche aber sehr bescheiden - unter Umständen aber zweitrangig...: Bay Bong, Nr. 22 Thuong Dang Le, Tel. +84 (0)76 386 7271, ganz in der Nähe Thuan Loi Hotels...
- und hier waren wir richtig zufrieden: Im K-Food, 6285 QL91C, khu đô thị Cồn Tiên, An Phú, An Giang (über die Brücke
zur anderen Flusseite), Tel. +84 (0)91 150 01 88, haben wir beispielsweise eine richtig gute Kimchi-Suppe oder aber eine hervorragende Gemüsesuppe
gegessen...
-
ein wunderbares Abhäng-Café in dem es neben Tee, Bier und weiteren Getränken
aber nur Kekse (oder die Bestellung eines Baguettes bei einer mobilen Garküchenfrau) gibt, ist das Café Dung, Đa Phước, Con Tien, An Phú, An Giang
(gleich beim K-Food),
+84 (0)91 777 33 20 - sehr freundlicher Servive und ein wenig
englischsprachig
Can Tho (Mekongdelta)
Leider waren alle unsere Versuche in Can Tho mehr als Durchschnitt, teils darunter. Und diesen abschließend nicht zu empfehlenden regionalen Anbietern haben wir eine Chance gegeben:
- Nam Bo Restaurant (gehört zum geichnamigen Hotel)
- Mekong Restaurant
- Phuong Nam Restaurant (noch das beste der hiesigen...)
- 31 Restaurant
- GONY Restaurant (wenigstens die Pizza war O.K.)
Allgemeines
- Die Überquerung der Grenze bei Tinh Bien (Kambodscha - Vietnam) ist problemlos, wenn man bereits ein Visum für Vietnam im Pass hat... Andere Alternativen haben wir nicht überprüft, könnten aber schwierig werden...
-
- zur Grenze kommt man von Takeo aus (Kambodscha) per Taxi oder Tuc Tuc (1,5 bis 2 Stunden mit Tuc Tuc) - auf der vietnamesischen Seite fahren offenbar Busse, die wir aber nicht gesehen haben und Informationen waren nicht zu erhalten... Immer zu finden sein sollten Motorradtaxen, die Euch und Euer Gepäck in 45 Minuten nach Chau Doc bringen können...
- Wir empfehlen einen Besuch von Chau Doc nur als Zwischenstation auf dem Weg von/nach Kambodscha... Dann kann man zwei Nächte hier gut aushalten.
-
- wenn ihr dann hier seid, besucht den Markt, die zwei Pagoden am Markt sowie die Brücke zum auf der gegenüberliegenden Seite - Con Tien - gelegenen Ufer, wo sich unter anderem das Café Dung oder das K-Food Restaurant (s.o.) befinden, die es in Chau Doc wert sind... Von der Brücke habt ihr einen fantastischen Blick auf den Fluss und sein Geschehen - sehenswert!
- Can Tho ist besuchenswert, wenn man keine anderen Alternativen im Mekongdelta vorziehen möchte oder unbedingt die Schwimmenden Märkte hier sehen möchte. Ein paar Tage trägt der Besuch der Stadt, auch weil die Stadt wirklich nicht häßlich ist...
-
- den Besuch der Schwimmenden Märkte per Boot sowie weitere Ausflüge in die Flussarme bieten zahlreiche Bootsbesitzer oder Agenturbesitzer an, sie werden Euch an der Strasse zum Ninh Kieu-Park ansprechen oder sprechen Euch ggf. im 31 Restaurant (s.o.) an... Natürlich gibt es auch zahlreiche Agenturen.
-
- Wir empfehlen genau abzustimmen, welchen Markt Ihr sehen wollt, Ihr solltet das fixieren und doppelt nachfragen...
- Es gibt auch hier ein paar Tempel - vor allem die Ong-Pagode - und einen schönen Kiez entlang der De Tham - Straße...
- Ein aus unserer Sicht seriöses SPA ist im GONY, Nr. 8 - 12 Nguyen Anh Ninh zu finden...
Wir wollen noch erwähnen, dass andere Reisende sehr zufrieden in Sa Dec oder Ben Tre waren... Vielleicht kann man dort glücklicher mit dem Mekongdelta werden...
Ausblick
Spuren | WECHSLER kommen bereits in den kommenden Tagen mit dem Teil 2 ihres Blogbeitrags zu Ho-Chi-Minh-Stadt oder eben Saigon zurück...
Neben dem Besuch der einzigartigen vietnamesischen Religions-gemeinschaft - der Cao Dai - und ihres höchsten Würdenträgers wie der zentralen Weihnachtszeremonie in ihrer an das Papsttum erinnernden Gotteshauses an der Grenze zu Kambodscha setzen sie ihren hier begonnen Beitrag zu Saigon mit der Erkundung der Tunnelsysteme von Cu Chi sowie Saigons aussergewöhnlicher kulinarischer Szene fort... Es geht mitten hinein in das neue Herz der vietnamesischen Küche der Hauptstadt des Südens: Im ehemaligen Mafia-Distrikt 4 werden ihnen tatsächlich atemberaubende Gerichte sowie angesagte Läden präsentiert... Darüber hinaus streifen sie weiter einfach durch die Stadt und erleben eine tolle Stadt!
Erst anschließend widmen sie sich dem Küstenort Mui Ne, das mit Stränden, Seafood (auch zu Silvester) und außergewöhnlichen Sanddünen in einer Reihe unterschiedlicher Farben aufwartet...
Bleibt den Spuren | WECHSLERn treu!
Kommentar schreiben