Beitrag Nr. 19
Moin Moin aus El Cocuy!
Gegen alle ursprünglichen Pläne grüßen wir nun doch aus dem abgelegenen Kleinstädtchen El Cocuy, am Rande des gleichnamigen Nationalparks in der wundervollen Region Boyacá. Weit abgelegen von den üblichen Touristenrouten und nur im Rahmen anstrengender Busstunden überhaupt erreichbar, stand die Sierra Nevada del Cocuy – 21 Gipfel mit 15 schneebedeckten 5.000ern – erst gar nicht auf unserer Liste. Ein paar Tage in Boyacá und seiner wundervollen Mischung aus Kultur und Natur jedoch, haben uns eines Besseren belehrt…
So befinden wir uns jetzt in atemberaubender Hochandenlandschaft auf gut 2.750 m (El Cocuy) und schauen in die steil aufragenden umliegenden Berge. Saftig grüne und üppig bewachsene Flächen wechseln mit schroffen Felsenarealen und Steilwänden ab. Die uns umgebende Landschaft ist spektakulär gefaltet, wir sehen tiefe Schluchten und undurchdringliche Schatten, wilde Flüsse sowie steil aufragende Wiesen und Wälder im hell leuchtenden Sonnenlicht. Landwirtschaft dominiert, nirgendwo in Kolumbien haben wir mehr Tiere auf den Weiden gesehen. Wir haben bereits entschieden, die geplanten Tage hier zu verdoppeln…
Während ich auf meinem Bett sitze und schreibe, dringt von unten dezent ein herzzerreißender kolumbianischer Schlager über Amore zu mir herauf – die Einheimischen schmachten und schmettern ordentlich mit... So geht das tagein tagaus. Die Luft ist angenehm kühl und erfüllt von heimelig dörflicher Atmosphäre. Eine Lulada erfrischt mich. So will man arbeiten. Nächstes Mal mehr von El Cocuy... Heute stehen erstmal das pittoreske Monguí sowie die es umgebenden Feuchtgebiete des parámo sowie die Hauptstadt Sugamuxi's - Sogamoso - und dessen Umgebung auf dem Programm... Es wartet der größte See Kolumbiens.
Folgt uns in die Spur!
Sogamoso – Die Normalität, die mal wieder gut tut…
Nach dem mehr als wunderschönen und fast schon etwas irreal wirkenden Barichara wartet auf uns zunächst eine ganz normale Stadt. Sogamoso in Boyacá. In den nächsten Tagen – Silvester liegt vor uns – gilt es erstmal gut ins Neue Jahr zu kommen, Sehenswürdigkeiten stehen gerade nicht im Vordergrund. Da derzeit das ganze Land unterwegs und in Ferien zu sein scheint – wir sehen überall ganze Familienverbände in der Gegend urlauben – fällt es uns gerade gar nicht so leicht spontan eine schöne und entspannende Unterkunft zu bekommen. Wir greifen daher ein erstes Mal während dieser Reise auf die Buchung einer privaten Wohnung zurück. Über Airbnb landen wir für 5 Tage und über die Jahre bei Oliverio und seiner Familie.
Wir sind wohl bisher auf unserer Reise nirgendwo so herzlich empfangen worden, wie jetzt hier… Wir fühlen uns sofort pudelwohl. Man überlässt uns eine riesige Wohnung mit zwei Schlafzimmern, zwei Bädern, einer voll funktionsfähigen und gut ausgestatteten Küche samt Waschmaschine und allem drum und dran sowie einen großen und gemütlichen Wohnbereich. Der Sohn der Familie spricht passabel deutsch – er bewirbt sich gerade für einen Studienplatz an einer Berliner Hochschule – und freut sich, die deutsche Sprache ein bisschen praktisch erproben zu können. Für uns natürlich auch mal wieder schön, deutsch zu sprechen. Olivier und sein Vater sprühen vor Hilfsbereitschaft und sind fabelhafte Gastgeber, sie lassen es sich nicht nehmen und begleiten uns in den kommenden Tagen immer wieder mal auf einem unserer Wege und kümmern sich rührend. Gleich heute fährt Olivier uns - es regnet bei unserer Ankunft in Strömen - mit seinem Wagen zu einem Restaurant in die Stadt und zeigt uns dort die wichtigsten Dinge…
Sogamoso ist unumstrittener Mittel- und Ausgangspunkt in die spektakuläre Umgebung Sugamuxi's. Die Stadt ist touristisch betrachtet wirklich nicht besonders schön, wenn man allein auf die Architektur schaut, wohl aber wunderbar zum Einkaufen und Fleisch essen... Für Vegetarier wird's hier eng! Wir müssen tatsächlich ein paar praktische Dinge erledigen – Batterien, Geld und eine neue Nagelschere besorgen und Magda muss kurzfristig zum Zahnarzt, den uns Oliverio dankenswerter Weise vermittelt – und wollen Silvester in aller Ruhe und zu zweit verbringen. Aus genau diesem Grund erfüllt die funktionale Stadt – vor allem aufgrund der schönen Wohnung, in der wir uns einfach gleich voll zuhause fühlen – vollkommen unsere Zwecke… Im Gegenteil: Wir fühlen uns erstaunlich wohl hier und bedauern unsere Abreise nach 5 Tagen...
Sogamoso ist das Zentrum der Region, die einst von den Muisca bevölkert war. Das indigene Andenvolk nannte die Gegend in seiner Sprache das „Tal der Sonne“ und hat hier über viele Jahre kulturell und religiös das Leben der Menschen bestimmt. Bei Ankunft der Spanier in der Region sollen sich die Menschen der Region komplett von den hiesigen Bergen gestürzt haben, um nicht in Gefangenschaft leben zu müssen. Alle heutigen Bewohner der Region sind demnach spanischer Abstammung oder zugewandert. Indigene Bevölkerung, die indigene Kultur und Lebensart existiert nicht mehr. Gleichwohl beruft sich Sogamoso, beruft sich Sugamuxi, immer wieder auf die Tradition dieser Kultur: Es gibt ein gutes und interessantes Museum über die Geschichte und Kultur der Muisca sowie den Nachbau eines Sonnentempels in der Stadt. Und immer wieder sehen wir viele Bezüge zu den Ureinwohnern, sei es als Namensgeber für Unternehmen, Busgesellschaften oder anderes...
Wir werden von Olivier an Silvester in die unmittelbare Bergwelt eingeladen. Er zeigt uns einen felsigen und baumbestandenen Bergrücken direkt oberhalb von Sogamoso, für den wir nicht länger als 2 Stunden hin und zurück benötigen und der genau das Richtige ist, um am letzten Tag des Jahres ein bisschen in der Natur zu sein. Entlang felsiger und sandiger Abschnitte führt er uns zu einem Gipfelkreuz, von wo aus wir eine herrliche Aussicht auf die Stadt sowie die umliegenden Dörfer und Berge haben. Die Landschaft ist wundervoll, unsere Führer - neben Olivier begleitet uns ein Cousin von ihm - sind redselig und herrlich kommunikativ. Wir werden von anderen Kolumbianern auf dem Gipfel mit Mangos versorgt, man freut sich, dass wir da sind und gemeinsam mit den Leuten hier den Ausblick genießen... Sogamoso sieht europäische Touristen eher selten.
Ins Neue Jahr gehen wir ganz allein, aber überhaupt nicht einsam. Wir chillen in den Abend hinein, blicken auf das Silvesterfeuerwerk aus unserem Wohnzimmerfenster und genießen eine selbstgekochte und deshalb besonders leckere Pasta sowie einen guten Wein… Wir machen es uns gemütlich. Wir schauen zurück und nach vorn: Wann ging es uns eigentlich zuletzt so gut wie gerade jetzt?
Frohes Neues Jahr 2018! Es darf so weitergehen…
Eine Pannenfahrt zum Lago de Tota
Nach ein paar ruhigen Stadttagen zieht es uns jedoch schnell wieder hinaus. Wir fahren mit regionalen Bussen, die bereits einige Tage auf dem Buckel zu haben scheinen, zum Lago de Tota. Der Tota-See ist der größte See Kolumbiens und liegt mit seiner Lage auf gut 3.000 m in bereits ordentlichen Andenhöhen. Umgeben ist er von bergiger Landschaft und zahlreichen pittoresken kleinen Dörfern und Städtchen, die hier neben der Landwirtschaft eine Art Ökotourismus etabliert haben. Es ist unser Ziel, einige davon heute zu besuchen. Eine besondere Attraktion verspricht die Playa Blanca zu sein… Wir hören von einem weißen Streifen Sand, einem traumhaften Strand, der einer der höchsten der Welt zu sein beansprucht und der hier – abseits der Küsten – natürlich eine Sensation ist… Ein 'must-See' - um ein wenig mit Übersetzung und Sprache zu spielen...
Doch bevor wir ihn erreichen, ereilt uns eine Pannen- und Unglücksfahrt sondergleichen, die sich auch auf dem Rückweg fortsetzt… Man kann nicht immer Glück haben im Leben: Wir fahren zunächst aus der Stadt heraus und entlang herrlicher hügeliger Landschaft. Traumhafte Ausblicke aus dem Fenster machen Appetit auf die Umgebung. Die Sonne scheint, es ist ideales Ausflugswetter. Immer wieder sehen wir kolumbianische Fahrradfahrer in den typischen Trikots kolumbianischer Spitzenprofis, die weltweit die Bergetappen auf den großen Rundfahrten gewinnen… Kolumbien liebt das Fahrrad! Sie strampeln die Berge hinauf und fahren in irrem Tempo wieder herab. Nicht selten scheinen wir mit unserem Bus auf Kollisionskurs zu sein... Zunächst geht es immer irgendwie gut…
Noch weit entfernt von unserem Ziel streikt plötzlich der Bus. Der Fahrer bekommt die Gänge nicht mehr rein, wir fahren eine ganze Zeit ausschließlich im ersten Gang und verlieren viel Zeit. Irgendwann muss er stoppen, die zwei Verantwortlichen - neben dem Fahrer begleitet uns ein Geldeintreiber: Viele Fahrtgäste steigen ohne Ticket in den Bus ein - versuchen alles, öffnen die Motor- und Getriebeklappe und versuchen eine erste provisorische Reparatur. Keine Chance. Im ersten Gang und bergab immer wieder durch bloße Schwerkraft, retten wir uns in das Dörfchen Tota, wo die zwei erneut versuchen das Gefährt flott zu machen. Als es nach gut 30 Minuten aussichtslos scheint, haben wir gleichwohl Glück: Der uns entgegenkommende Bus dreht kurzerhand um, nimmt uns an Bord und fährt weiter unserem Ziel - der Playa Blanca - entgegen. Wir haben jetzt schon deutlich mehr als 1,5 Stunden verloren… Aber was soll’s: Wir fahren!
Leider jedoch nur kurz! Nach nicht mal 5 Minuten stehen wir erneut! Vor uns liegt ein Radfahrer regungslos und offenbar schwer gestürzt mitten auf der Straße und wartet auf einen Krankenwagen. Er ist bereits versorgt, zahlreiche Menschen stehen um ihn herum. Wir warten erneut viele Minuten, während wir dem Mann beide Daumen drücken – es sieht nicht gut aus…! Irgendwann fahren wir weiter und erreichen unser Ziel.
Aber, ein Unglück kommt selten allein: Auf dem Rückweg geraten wir nun in einen Autounfall… 'Was bitteschön ist denn hier in Kolumbien los?' Wir sehen nichts, die Straße ist weiträumig abgesperrt, wir können vermutlich längere Zeit nicht passieren. Keiner weiß, wie lange wir dieses Mal warten… Die Dorfbewohner überzeugen den Busfahrer eine alternative Wald- und Wiesenstrecke zu nehmen: „Ist der Weg auch für den Bus passabel?“ - „Doch, das wird gehen, der Weg ist O.K.!“ Au mann, wir ahnen nichts Gutes! Wir fahren also von der Straße ab und vibrieren auf einer wahren Rumpelstrecke durch die spektakuläre Berglandschaft, navigieren uns an Traktoren und Eseln vorbei und nehmen steile Wege bergauf, für die dieser Bus ganz sicher nicht gemacht ist... Aber: Nach einer guten halben Stunde – wir sind ordentlich durchgeschüttelt – erreichen wir erneut die Straße und kurz darauf das Dorf Iza…
Wir brauchen eine Pause. Da trifft es sich gut, dass Iza – ein freundliches und hübsches kleines Dorf in der Seengegend – sich als Dessert- und Süßspeisenspezialist in Kolumbien etabliert und einen Namen gemacht hat… Wir genießen das ausgiebig – Maracujacremetörtchen und allerlei fruchtige Desserts - und nehmen irgendwann einen weiteren Bus, der nun ausnahmsweise mal ohne weitere Probleme nach Sogamoso zurückkehrt. Wir hatten viel vor an diesem Tag – geschafft haben wir nur wenig davon… Wir haben heute einfach zu viel Zeit verloren! Schade.
Die Playa Blanca – Mit 3.015 m höchster Beach der Welt?
Gleichwohl erreichen wir an diesem Tag die Playa Blanca.
Nur selten führt die Strecke des Busses direkt am See entlang. Hier – es ist die denkbar weiteste Entfernung von Sogamoso – erhaschen wir endlich einen Blick auf den riesigen Lago de Tota, der rundherum wolkenumhangen, gleichwohl aber im Sonnenlicht vor uns liegt. Ein wunderschönes Blau schimmert zu uns herauf, einzelne Boote befahren ihn. Sanfte Hügel winden sich zu seinen Ufern, die wir nun endlich ausgiebig bewundern können. Wir sehen einzelne Bauernhäuschen am See, zahlreiche Felder voller Lauchzwiebeln und zahlreiche Nadelbäume, die uns an Bäume aus unseren Gefilden erinnern. Der Fahrer lässt uns oberhalb einer kleinen Straße aussteigen: „Da unten entlang!“
Durch einen wunderschönen Nadelbaumwald hindurch windet sich die Straße hinab zum See. Noch von oben sehen wir ihn dann plötzlich: Ein wundervoller weißer Strand! Viel größer als wir erwartet haben, viel breiter und schöner als vorgestellt. Unten angekommen – wir sehen zahlreiche Gäste, die sich am Beach verlieren, Zelte, kleine Buden und Restaurants – suchen wir uns ein Plätzchen, ziehen unsere Schuhe aus und strecken uns im Sand… Wenn wir uns umschauen sehen wir oberhalb der Bucht – auf der Steilküste – Cabanas und ein größeres Restaurant, ein Kinderspielplatz befindet sich in unserem Rücken und ein Parkplatz. Wir müssen uns zwicken: Wir sind auf 3.000 m Höhe in den Anden und die Leute sonnen sich und baden hier im klaren und sauber scheinenden Wasser. Es ist herrlich warm, wenn nicht heiß hier auf dem Strand, die Sonne heizt die Bucht ordentlich ein und wir können uns gut vorstellen, dass man einen schönen Strandtag hier verbringt. Leider bauen sich in unserem Rücken immer wieder tiefschwarze, dunkle Wolkengiganten auf, die sich anschließend über dem See abregnen. Sie entstehen in unserem Rücken, machen dann einen weiten Bogen um uns herum – bei uns scheint weiter die Sonne – und geben am anderen Ende des Sees so richtig Gas... Der Regen und die schweren dichten Wolken kommen aber immer näher… Es geht nicht mehr lange gut, so viel ist sicher.
Irgendwann – es ist aufgrund der Pannenfahrt für uns ohnehin schon etwas spät – machen wir uns aus dem Staub. Wir laufen noch ein ganzes Stück am See entlang und erhaschen ein paar Blicke auf den See von oben. Wir treffen ein paar Leute aus dem Dorf, grüßen die freundlichen Bauern und beobachten das Treiben der Leute am See. Als es zu regnen beginnt - Gott sei Dank kommt gerade ein Bus die Straße heraufgefahren – steigen wir ein und erleben unsere oben geschilderte Schüttel- und Rütteltour…
Fazit: Der Lago de Tota ist hier an der Playa Blanca tatsächlich ein echtes Strandvergnügen. Also: Vergesst Eure Badesachen nicht und habt mehr Glück mit den Bussen und dem Wetter…! Aber besucht den See und seine Dörfer! Mehr Wasser gibt's in der Gegend nirgendwo.
Der parámo de Ocetá – Fabelhafte Trekkingtour bei Monguí
Wir wollen die Region noch etwas tiefer erkunden und fahren für ein paar Tage hinaus aufs Land und ein paar Meter höher. Unser Ziel ist Monguí, ein kleines Kolonialörtchen, das den besten Zugang zu den hiesigen parámo-Feuchtgebieten verspricht. Der parámo ist eine einzigartige Landschaftsart, die in nur wenigen Ländern der Welt vorkommt. Neben Venezuela, Ecuador und einigen Teilen Perus gibt es dieses seltene Schauspiel - ausgedehnt und in vollendeter Schönheit - nur hier in Kolumbien. Der parámo - eine faszinierende tropische Vegetationsform - existiert nur zwischen 3.200 m und unterhalb von 5.000 m und ist berühmt vor allem für seine wundervollen Frailejones, sog. Schopfrosetten sowie Bromelien- und Glockenblumengewächse. Bäume existieren hier so gut wie nicht mehr, aber die Frailejones übernehmen deren Part und wachsen den Menschen durchaus eindrucksvoll über deren Kopf. Dabei wachsen sie jährlich höchstens einen Zentimeter... Man kann sich also ausrechnen, wie alt diese Pflanzen sein müssen... Wir sind gespannt...
Zunächst erreichen wir Monguí und ... sehen erstmal nicht viel. Die Wolken hängen auch heute regenschwer mitten in der Stadt und wir sind froh, dass unser Hotel nicht weit von der Bushaltestelle entfernt ist. 'Parámo-Feuchtgebiet?' denken wir... Hoffentlich ist das nasse Wetter hier kein Normalzustand, denn auf Sonne verzichten wir nur ungern. Bleibt uns heute also nichts anderes übrig, als unsere Tour in das Hochland zu organisieren, gut zu essen - die Gegend ist kulinarisch vor allem durch ihre Fleisch-Bratereien berühmt - und uns für den Rest des Tages ins warme Bett zu legen und zu lesen. Heute ist es wirklich arschkalt...
Als wir am kommenden Tag erwachen, scheint die Sonne - wie seither alle Tage hier. Wir sind beruhigt uns schlendern erstmal durch die Stadt.
Ausgezeichnet durch ihre grün-weiß gekalkten und gün-rot abgesetzten Fenster und Türen zeigt sie sich als einheitliches und gut erhaltenes Kolonialstädtchen der Region Sugamuxi. Wir sehen eine sehenswerte Plaza mitsamt einer großen Kirche und zahlreichen Annehmlichkeiten. Obwohl sie schnell durchlaufen ist, erfreut sie uns nach dem optisch weniger ansprechenden Sogamoso sehr. Es gibt ein paar gute Restaurants, nette Cafés und zahlreiche Läden, die die Spezialität der Stadt verkaufen: Fußbälle. Das kleine Örtchen stellt seit ein paar Jahren Lederbälle her und beschäftigt in dieser Branche gut 100 Menschen in der Stadt. Verkauft wird das runde Leder in die ganze Welt. Monguí ist eine Fußballstadt und in Kolumbien dafür sehr berühmt. Uns begeistert sie aber vor allem ob ihrer architektonischen Kompaktheit und einfachen Schönheit.
Wir laufen in der Stadt und wandern aus der Stadt hinaus, schauen uns ein wenig in der Gegend um und genießen die wundervolle Landschaft, die Monguí in Form grüner Hügel umgibt. Es eröffnen sich aus ihnen großartige Blicke auf Stadt und Umland und wir genießen es in der Natur zu sein. Gleichwohl zieht es uns noch ein Stückchen weiter, ins parámo, von dem wir hier so gar nichts sehen...
Am nächsten Morgen starten wir früh mit unserem Guide ins hiesige parámo de Ocetá. Zunächst laufen wir steil bergauf durch üppiges und feuchtes Grün, Sträucher und Moose bestimmen die Landschaft und immer wieder riesige Nadelbäume. Wenden wir uns in Richtung Stadt, die sich nun weit unter uns befinden sollte, sehen wir nur Wolken. Monguí liegt heute wieder in dichten Schwaden, aus denen wir uns nun mühsam hoch arbeiten. Immer wieder fasziniert der Blick zurück: Wir schauen von oben auf die dichte Wolkendecke aus der jetzt immer wieder faszienierend die Berge der anderen Seite hervorluken. Da die Wolken in ständiger Bewegung sind, verändert sich das Panorama laufend und kreiert ein atemberaubendes Schauspiel. Erst nach und nach verlassen wir die Baumgrenze. Der letzte Nadelbaum - ein imposantes Gewächs - bleibt unter uns zurück... Wir laufen jetzt meist in der Sonne.
Nun wandern wir einen schmalen Grad hinauf auf den Berg, sehen den sog. Königsfelsen - hier sollen der Legende nach die Frauen der indigenen Muisca ihren Herrscher gekrönt haben - und passieren die durch einen Steinzaun markierte Grenze, hinter der sich nun zunehmend die typische parámo-Landschaft abzeichnet. Vorbei an einzelnen Frailejones in unterschiedlichen Altersstufen sowie zunehmend dichteren Frailejones-Gruppen, laufen wir an weiteren typischen Pflanzen und Gewächsen dieser Vegetationsform entlang bis wir nach und nach von dieser exotischen Landschaft umschlossen sind. Hier oben auf gut 3.500 m holen uns immer wieder feuchte Schwaden ein. Immer wieder erhalten wir wertvolle Informationen zu den Pflanzen der Region, die auch durch zahlreiche blühende Exemplare oder essbare Beeren ausgezeichnet ist.
Wir sind schwer begeistert. Die uns nun umgebende Vegetation ist uralt, hunderte von Jahren schon stehen diese Frailejones-Giganten hier in der Natur, teils sind sie kleiner als wir, häufig aber überragen uns die mehr als mannshohen Figuren meterhoch mit ihren pelzig weichen Blättern. Sie sind mit diesen Blättern in der Lage, die hiesige feuchte Luft und das darin befindliche Wasser aufzunehmen und zu speichern, wie unser Guide berichtet. Zu anderen Zeiten blühen sie, jetzt sehen wir meist nur verblühte Pflanzen... Wir hören von Gräsern und Sträuchern, deren Namen wir schon vergessen haben, die aber wunderschön sind.
Wir kommen nach wunderbar moderatem Aufstieg auf die Höhe von ca. 3.850 m (Monguí liegt bei gut 3.000 m) - flankiert durch regelrechte Frailejones-Wälder - in ein felsig-steiniges Gebiet und haben damit unseren höchsten Punkt erreicht. Wir blicken in kleine Schluchten und auf graue Felsen, die von der hiesigen Pflanzenwelt umgeben und von ihnen überwuchert sind. Wir durchlaufen sie, erklettern sie und durchqueren ihre Höhlen und Felsspalten. Wir erkunden Steinbrücken, schauen in tiefe Risse im Fels und kommen schließlich zu unserem heutigen Rastplatz - umgeben von riesigen Frailejones. Nach unserer Rast läßt uns unser Guide Steine aus dem Dorf - wir hatten sie dort zuvor aufgelesen und für diesen Zweck mitgenommen - auf die bereits groß angewachsenen Steinpyramiden legen... Wir wünschen uns etwas! Selbstverständlich wird das nun in Erfüllung gehen...
Meist scheint die Sonne und es ist ordentlich warm. Immer wieder aber ziehen feuchte Nebel- und Wolkenfetzen durch die Landschaft und tauchen uns in ein völlig anderes Licht. Manchmal sprüht ganz kurz der Regen, dann ist die Sonne wieder da. Wir sehen Regenbögen. Langsam machen wir uns durch die Vegetation auf den Weg zurück. Wir laufen nun steil abwärts entlang weiterer faszinierender Areale, Felsbrocken liegen überall verteilt, die Bäume hier haben die typischen Moose in den Ästen hängen, die wir schon aus Barichara kennen: 'Bart des alten Mannes' nannte man sie dort! Wir laufen an kleinen Bächen entlang, es plätschert unaufhörlich, auch wenn wir das Bächlein nicht mehr sehen können. Immer tiefer hinab bahnen wir uns unseren Weg auf einem anderen camino zurück, der erneut durch die uns bekannten Vegetationsstufen geht.
Als wir nach sieben Stunden faszinierender Wanderung zurück in Monguí ankommen sind wir restlos begeistert. Wir wären nicht hier, wenn wir nicht eine fantastische Landschaft erwartet hätten... Aber das Gesehene hat uns dennoch überrascht. Wir haben diese parámo-Vegetation nicht derart eindrucksvoll und die Umgebung nicht derart spannend erwartet. Umso besser, dass wir hier waren! Mit dieser wundervollen Erfahrung und einem guten Training in den Beinen beschließen wir, den weiter östlich gelegenen Nationalpark El Cocuy zu besuchen und zu trekken - eine Region wild und weitgehend unberührt und zugleich nochmal deutlich höher und spektakulärer. Umgeben von parámo satt, gilt es dort die verschneiten Gipfel und Gletscher der Sierra Nevada del Cocuy zu erobern. Wir sind gespannt und werden berichten.
Weil wir uns nicht sattsehen können ... heute noch ein Bonus - und unten wie immer unsere Empfehlungen sowie der Ausblick:
Empfehlungen
Unterkunft
Sogamoso
- Da es über Silvester in der Stadt ziemlich voll und die Hotels ausgebucht waren, haben wir über Airbnb folgende, mehr als empfehlenswerte Wohnung gemietet: https://www.airbnb.de/rooms/10186483
Sofern der Link nicht
funktioniert: Acogedor Apartamento en Sogamoso, Besitzer Oliverio. Neben der voll
und praktisch ausgestatteten Wohnung ist vor allem der menschliche Kontakt zu den wundervollen Menschen - intelligent, hilfsbereit, neugierig und freundlich - ein absolutes
Plus!
Monguí
- Wir wohnten im Hotel & Restaurant La Casona Carrera Nr. 4 #341, Mongui, Tel. 311 2379823. Das Hotel war O.K., aber wir waren nicht restlos zufrieden. Man wies uns das - aus unserer Sicht am wenigsten attraktive Zimmer zu und ließ uns auch nicht umziehen als andere Räume frei waren. Es war extrem klein, dunkel, unpraktisch und kalt. Obwohl wir rechtzeitig vorher telefonisch reserviert hatten, waren die Zimmer mit Balkon - auch heller und besser gelegen - offenbar nicht mehr erhältlich... Mit der Zeit zeigte sich - insbesondere innerhalb des ansonsten guten Restaurants, in dem vor allem üppige Fleischgerichte serviert werden - dass wir grundsätzlich erst nach den kolumbianischen Gästen bedient wurden, manchmal regelrecht unverschämt zurückgesetzt wurden... Trotz allem haben wir hier immerhin drei Nächte einigermaßen aushalten können...
Duitama
- Da wir uns auf dem Weg nach El Cocuy zu einem Zwischenstopp entschieden hatten, sind wir hier für eine Nacht abgestigen und können das folgende Hotel für einen solchen Zweck ausdrücklich empfehlen: Das Hotel Sipa, Carrera 42, Nr. 14-31, La 42, Duitama, Boyacá, Tel. (8) 7619775, http://www.hotelsipa.com/ hat ordentliche, subere, wenngleich kleine Zimmer, gute Betten und einen ausgesprochen freundliches Personal, das den Unterschied ausmacht.
Speisen
Wir haben in einzelnen Bratereien - Asadero' s - der Region ordentliche Fleischportionen gegessen (man wählt zwischen klein und groß - wir haben kaum die
kleine Portion geschafft), möchten aber davon keine hervorheben.
Monguí
-
Wer auf Fleisch in kreativen Varianten steht, der ist hier durchaus gut aufgehoben: Restaurant des Hotels La Casona, Carrera Nr. 4 #341, Mongui, Tel. 311
2379823.
-
Es existiert eine einzige Pizzeria in dem Ort, die erst abends um 18:00 Uhr öffnet und empfehlenswerte Pasta und Pizzagerichte offeriert: Cabubara
Pizza, Carrera 3 zwischen Calle 2 und 3. Charmanter Laden!
Allgemeines
Sogamoso
Es existiert für einen ersten Zugang zu Informationen in der Region leider keine Touristeninformation. Dafür wird gerade eine private Seite aufgebaut, die diesen Service leistet: http://www.visitsugamuxi.com/. Wir haben versucht weitere persönliche Informationen am Bürostandort zu erhalten, leider jedoch war das Büro geschlossen. Die Seite befindet sich im Aufbau. Man ist daher auf informationen der Reiseführer (dürftig) oder der Leute vor Ort angewiesen, da auch Agenturen nicht leicht zu finden waren...
Lago de Tota
- Man ist zur Erkundung des Tota-Sees und seiner Städte auf das regionale Bussystem oder unfassbar teure Taxitransfers angewiesen. Natürlich kann man hier - bergauf/bergab - auch gut Fahrradfahren oder Wandern, allerdings zu Fuß sicher nicht von Sogamoso aus. Mit den Bussen kommt man einmal rum um den See und kann sich überall absetzen und wieder aufnehmen lassen. Wir sind bis Playa Blanca gefahren und dabei an folgenden Ortschaften vorbeigekommen: Iza, Cuitiva, Tota.
- die Playa Blanca ist der unumstrittene Star des Sees und bietet alles Potential für einen schönen Strandtag. Ihr findet hier schönen und feinen weißen Sand, zugegeben kaltes aber klares Wasser, Restaurants und Büdchen mit Snacks, einen Campingplatz und oberhalb des Sees auch schöne Cabanas. Es gibt einen Steg, auf dem offenbar auch Bootsfahrten und die Ausleihe dieser schrecklich stinkenden Jetski's möglich sind.
- In Iza kann man ganz besonders gut Dessert's essen. In zahlreichen Läden an der schönen dörflichen Plaza hat sich eine große Vielfalt an unterschiedlichsten süßen Varianten etabliert, die fruchtig-süß, schokoladig oder - sehr typisch - mit Baizer daherkommen... Natürlich kann man auch herzhaft essen.
Monguí
- Direkt an der Plaza in Monguí, die wunderschön ist und eine Reihe von kleinen Café's oder Verkaufsläden enthält, findet man eine nicht sehr aussagekräftige Touristeninformation. Sie verweist im Wesentlichen auf die einzige, ein paar Häuser weiter - ebenfalls an der Plaza - gelegene - Agentur. Hier werden ein paar Aktivitäten in der Region und Guides vermittelt. Wir haben hier unseren hervorragenden Guide - Cesar - sowie ein wirklich wundervolles 7-Sunden-Trekking in dem oberhalb der Stadt gelegenen parámo de Ocetá gebucht. Da man eine spezielle Lizenz für den Parcours benötigt, kann man wohl nur diesen Weg beschreiten und nicht allein laufen. Wir würden es aber auch nicht empfehlen, denn die Informationen, die wir erhalten haben, waren unschätzbar wertvoll für das Verständnis dieses Ökosystems.
- Weiterhin sind wir immer wieder mal auf den Wegen aus der Stadt heraus einfach in der Region gewandert. Die Landschaft ist traumhaft und man kann auf diesem Wege eine Menge auf eigene Faust unternehmen. Die Fahrt zur Laguna Negra - leider aufgrund politischer Auseinandersetzungen mit einzelnen Privatbesitzern, ggw. wohl nicht per Wanderung erreichbar - haben wir nicht unternommen. Immer wieder wurde auch der Weg nach Mongüa empfohlen - er führt aber nach unserer Information nur entlang der Straße. Auch hier soll es Probleme mit Grundstückseigentümern geben...
- Wer praktische Souvenirs sucht: Natürlich kann man in Monguí wunderbare Lederfußbälle erhalten!
Transport Monguí - Sogamoso - Duitama - Soata - El Cocuy
- Es fahren regelmäßig und in hoher Frequenz regionale Busse von Ort zu Ort, meist mit sofortigem Umsteigen und geringer Wartezeit. Wir empfehlen auf dem Weg von Monguí nach El Cocuy einen Zwischenstopp in Duitama, weil es sonst leicht ein sehr anstrengender Trip werden könnte. Von dort gibt es zahlreiche Nachtfahrten nach El Cocoy mit großen Bussen/Busgesellschaften (manchmal sind die Tickets für Tage ausverkauft), aber mit den kleinen Bussen/Busgesellschaften auch am Tag - über das sehr schöne Soata. Wir waren mit Cootratadil (von Duitama - Soata und weiter von dort nach El Cocuy und zurück) sehr zufrieden. Eigentlich sollte man sich tagsüber die fantastische Landschaft nicht entgehen lassen, die hier in Kolumbien bisher aus unserer Sicht ihresgleichen sucht... Traumhafte Gegend!
Ausblick
Spuren | WECHSLER reisen in die abgelegene und wilde Sierra Nevada del Cocuy, Boyacá. Mit fünfzehn 5.000ern, Gletschern und parámo-Vegetation in Größenordnung verspricht der hiesige Nationalpark außergewöhnliche Naturlandschaften.
Spruren | WECHSLER werden am Rande des Parks ein paar Tage in dem beschaulichen El Cocuy sowie seiner atemberaubend schönen Landschaft verbringen. Dann widmen sie sich einer neuen
Herausforderung: Sie trekken die längste Bergtour, die sie je an einem Tag gemacht haben (etwa 10 Stunden): Es geht hinauf zur Laguna Grande de la Sierra (4.600 m), permanenter Aufstieg
vorbei an parámo-Vegetation und fast pflanzenloser Hochandenvegetation.
Anschließend geht es zurück in wärmere und beschaulichere Umgebung: Es steht das touristische Villa de Leyva auf dem Programm, eine wunderbare Kolonialperle des des süd-westlichen Boyacá. Hier werden unsere Helden die Trekking-Wunden lecken und sich ein paar Tage ausnahmslos in der Sonne erholen. Anschießend werden sie sehen, was in der Region so geht - man hört von wunderschönen Wanderwegen...
Bleibt unserer SPUR treu!
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