Blog-Beitrag Nr. 6
Moin Moin!
Wir grüßen Euch auch heute aus exklusiver Lage: Wir liegen mehr als dass wir sitzen, in unseren Hängematten oberhalb des Titicacasees… Von einer Steilküste aus blicken wir auf den langgezogenen Strand von Santa Maria auf der Halbinsel Capachica. Im Hintergrund zeichnen sich schwach die schneeweißen Andenriesen Boliviens ab, ein Segelboot fährt langsam die Küste entlang. Es liegt ein angenehm ländlicher Duft in der ansonsten klaren Luft, die auf 3.800m am Vormittag noch ziemlich kühl ist – nur in der Sonne ist es schon fast unerträglich heiß… Wir haben eine eiskalte Nacht am Titicacasee hinter uns, wärmen uns vor diesem traumhaften Panorama die Knochen und genießen das ländliche Treiben unter uns… Und die wunderbare Ruhe, der von Puno weit abgelegenen Halbinsel…
Seit unserem letzten Bericht aus Huancavelica haben wir hunderte Kilometer Strecke zurückgelegt, haben zunächst in Ayacucho und Andahuaylas die Seele baumeln lassen und Urlaub von der Reise gemacht. Anschließend sind wir über Cusco - das wir rotzfrech und für andere Reisende völlig unverständlich Links haben liegen lassen - nach Puno am Titicacasee weitergereist… Heute sind wir in dem Dorf Santa Maria bei Llachón und werden hier – jenseits aller Annehmlichkeiten weiter chillen … und diesen Blog schreiben.
Nur zur Klarstellung: Wir werden natürlich nach Cusco zurückkehren und das tun, was alle tun: Maccu Picchu besuchen. Wir haben uns entschieden, diese wunderbare Stadt, die wir bereits einen Tag lang abgelaufen sind – Cusco – sowie die meistbesuchten Touristenattraktionen der Welt – Maccu Picchu und das Heilige Tal – in der Nebensaison zu besuchen, denn das hat sich nun für uns deutlich gezeigt: Seit wir das Zentrale Hochland verlassen haben, das heute nochmal im Fokus stehen soll, drohen wir in Touristenmassen unterzugehen… Da wir das nicht möchten, besuchen wir nun erstmal die Dörfer am Titicacasee und später Bolivien und reisen anschließend nach Peru zurück, wenn sich alles in Cusco und Umgebung normalisiert…
Doch lasst uns nun einen letzten Blick auf das fast touristenfreie Zentrale Hochland werfen: Ayacucho und Andahuaylas…
Leute, kommt 'IN DIE SPUR'!
Ayacucho – Das koloniale Juwel Apurímac’s
Es kommt, wie es kommen musste: Nach den letzten Wochen der intensiven Reiserei und dem Wunsch, die Neugierde auf Peru und seine Attraktionen zu stillen, sind wir vom Reisen bereits ein wenig müde geworden… Hinzu kommt eine kleine Magenverstimmung – roher Fisch zollt irgendwann auch mal Tribut… Wir beschließen in der wundervollen Kolonialstadt Ayacucho einfach mal rein gar nichts zu tun und zu chillen. 6 Tage verbringen wir in unserem schönen Hotel auf dem Balkon, lesen, sitzen einfach nur da und entspannen… Genug zu verarbeiten haben wir ja!
Natürlich können wir der Versuchung trotzdem nicht widerstehen und lassen uns täglich durch die Gassen treiben, genießen die kolonial geprägten Innenhöfe und Cafés der Stadt und erwandern den zentralen Mirador (den Aussichtspunkt auf die Stadt), der weithin über der Stadt sichtbar ist, weil ein riesiges Kreuz dort oben steht, das auch nachts illuminiert ist… Die Ausmaße der Stadt, deren Häuser sich leicht geschwungen zwischen den Bergen ausdehnen, ist von hier gigantisch und man erkennt erst jetzt, wie riesig Ayacucho ist… Zumindest das Stadtzentrum ist aufgrund seiner Architektur und seiner herausragend schönen Kirchen ein perfekter Ort, um ein paar Tage die Seele baumeln zu lassen… Was für ein Privileg, sich die Zeit dafür auf Reisen auch nehmen zu können… Wir erleben jetzt die Vorteile einer Langzeitreise…
Ayacucho selbst ist ganz sicher eine der besterhaltenen Kolonialstädte des Landes, das Ensemble alter Gebäude ist groß, die Plaza de Armas einer der schönsten Plätze ganz Perus. Nicht-Peruanische Touristen? So gut wie Fehlanzeige - auch Ayacucho ist ein zu Unrecht vergessenes Highlight im von attraktiven Zielen reichen Land. Es stand - wie Huancavelica und im letzten Blog-Beitrag Nr. 5 bereits beschrieben - im Zentrum der Schreckensherrschaft des Sendero Luminoso und war viele Jahre kein Ort, in den man reisen wollte... Heute ist davon nichts mehr zu spüren und man sollte es tun!
In Ayacucho erleben wir besonders schöne, selbstbewusste und irgendwie ‚andersartige‘ Stadtmenschen als im Rest Perus… Wir empfinden das, ohne es tatsächlich konkret ‚fassen‘ zu können, vielleicht ist es der Hang zum Chic, der sich hier überall in den Straßen zeigt. Vor allem fällt uns eine enorme Religiosität auf, die sich nicht nur an der Vielzahl der fantastischen Kirchengebäude, sondern auch an der Vielzahl der unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften bis hin zu gnostischen Gemeinden zeigt... Eric Voegelin würde sich im Grabe umdrehen… Bereits am ersten Abend geraten wir in einen riesigen und proppenvollen Saal einer Glaubensgemeinschaft, die inbrünstig singend und garantiert nicht katholisch die Messe begeht… Viele Indios sind anwesend, die Arme werden geschwungen, es ist eine tiefe Religiosität zu verspüren… Uns fällt über alle Tage auf: Viele Kirchen sind randvoll, es wird reichlich gebeichtet, die Menschen hier fühlen sich ihrem Gott offenbar sehr verbunden – welcher auch immer es sein mag…
Die Stadt gilt als Hochburg der sog. Retablos. Das überall in Peru anzutreffende Kunsthandwerk findet in Ayacucho seine Meister und besten Beispiele... Retablos - kleinteilig, bunt und kunstvoll ausgearbeitete Dioramen in Boxen - findet man in der ganzen Stadt, zahlreiche Werke sind öffentlich ausgestellt. Sie haben entweder Alltagsszenen oder kirchliche Motive zum Thema und sind uns sehr ähnlich auch aus Mexiko bekannt. Beim Schlendern durch die kolonialen Gassen treffen wir immer wieder auf sie - sie garnieren die schöne Stadt zusätzlich...
Am Ende der Woche sind wir so ausgeruht, dass wir nun doch einen Ausflug in das interessante Umland planen: Es soll auf eine anstrengende Tour zu einer Reihe völlig abgelegener Wasserfälle und -kaskaden im Umfeld Ayacuchos gehen… Wir sind also erholt und ‚nehmen wieder Fahrt auf…‘
Typischer Fall von Denkste! Der Streik der Lehrer nimmt Fahrt auf!
Leider fallen unsere Planungen direkt mal ins Wasser… Die seit nunmehr mehreren Wochen anhaltenden Lehrerstreiks – wir hatten schon darüber berichtet – sorgen für die Absage der gebuchten Tour: Da wir von dem heutigen Generalstreik nichts mitbekommen haben, stehen wir in aller Früh mühsam auf, decken uns mit Empanadas ein, packen die Badehose ein und stehen um 8:00 Uhr auf der Plaza, dem verabredeten Treffpunkt… Wir wundern uns über die Stille und erfahren kurze Zeit später: Die Streikenden blockieren alle Ausgangsstraßen der Stadt, ohnehin erklären sich die Ayacuchenoes solidarisch – hier geht heute gar nichts mehr: Der Wochentag wird ein Sonntag sein… Unsere Tour jedenfalls fällt aus!
Der Lehrerstreik ist hier mittlerweile eine große – auch mediale – Sache in Peru: Jeden Tag sehen wir in allen Städten, in denen wir bis heute unterwegs sind, immer größer werdende Menschenmassen mit meist roten Streikflaggen und Plakaten, Demogeschrei und Spruchbändern. Jeden Tag! In Lima eskaliert die Lage immer mehr, in Puno ist der (weitgehend friedliche) Menschenzug mittlerweile so groß, dass er sich quer durch die gesamte Innenstadt zieht und ein wirtschaftlicher Faktor ist, denn alles im Zentrum ist dann blockiert – wir sind beeindruckt und erfahren in Andahuaylas ein paar weitere Hintergründe der anhaltenden Auseinandersetzung. Auf Plakaten lesen wir, wie im öffentlichen Dienst die Gehälter verteilt sind und dass die Lehrer von der Regierung seit Jahren hingehalten und (auch) medial – Zitat – „…belogen werden…“. Wir sind von den glaubwürdig vorgetragenen Argumenten der Maestros, auch Profesores genannt (den Lehrern), erstmal überzeugt und erklären uns auf diesem Weg mit den Streikenden solidarisch – ohne wirklich tiefer in den Tarifkonflikt hineingeblickt zu haben…!
Auf der anderen Seite ist der Streik hier nicht nur ein Tarifkonflikt. Es ist eminent politisch, denn die ggw. Regierung - übrigens eines Politikers deutsch-polnischer Abstammung: Kuczynski - könnte über den Konflikt insgesamt stürzen, was hier auch schon einige fürchten. Bereits heute ist die Regierung schwach, weil sie gegen eine zahlenmäßig größere Opposition regiert... Alternativen sind nicht in Sicht, der Konflikt könnte das Land und seine in den vergangenen Jahren positive Entwicklung nachhaltig gefährden.
Peru und sein Deutschlandbild? Wir hoffen es nicht!
Als wir in Argentinien und Chile unterwegs waren, da war für uns extrem auffällig und überraschend, welch hohe Meinung gegenüber ‚den Deutschen‘ vorherrscht. In zahlreichen Gesprächen mit Einheimischen machte man uns klar, dass man ‚die Deutschen‘ – was immer das sein mag – für besonders verbindlich und seriös hält, dass man 'die Deutschen‘ schätze und gern als Besucher im Land habe. Ein älterer chilenischer Herr bspw. erklärte uns die wichtige Rolle der deutschen Einwanderer bei der Besiedelung des Landes, weil die Deutschen aufgrund des dort bestehenden Innungswesens das gesamte Ausbildungswesen in Chile positiv beeinflusst hätten. Noch heute stehe das Land daher für seine hohe Qualität in Chile… Ein offenbar gut informierter Argentinier offenbarte uns seine Meinung zu den Entwicklungen in Europa und hob „die positive und alles überragende Rolle der Deutschen – Angela Merkels…“ explizit hervor, …“da sie die einzige ist, die Europa zusammenhält und zusammenhalten kann…!“ Wir enthalten uns einer weiteren eigenen Bewertung, schon weil seither der Brexit uns eines besseren belehrte…
Wohl wissend, welche Rolle bspw. Argentinien bei der Aufnahme von Nazis nach dem Krieg gespielt hat, hatten wir das Gefühl, dass die Wertschätzung der heutigen Bundesrepublik galt und man ‚die Deutschen‘ und ihr heutiges Land tatsächlich besonders hoch schätzt…
Auf ganz andere Weise begegnet uns das hier in Peru und wir betonen: Wir wissen nicht, ob unsere Erfahrungen hier repräsentativ sind… Einige Male jedenfalls wurden wir schon mit erhobenem Arm und ‚Heil Hitler‘ begrüßt, mal von offenbar Betrunkenen, mal aber auch von vollkommen Nüchternen – meist völlig unbedarft und – so schien es uns – ganz ohne Provokation und Kritik gemeint. Das gehöre doch zu Alemania und eigne sich daher als Gesprächsanbahnung… Von Problembewusstsein keine Spur. Immer wieder sehen wir Hakenkreuze in der Stadt, die hier – anders als bspw. in Indonesien oder Indien – auch so gemeint sind, immer wieder begegnen uns die Menschen mit der deutschen Vergangenheit… Was ist hier los in Peru?
Was wir zunächst als Kuriosität wahrgenommen und als ausfallende Einzelmeinung ignoriert haben, machte uns dann doch zunehmend wütend und wir haben die Menschen direkt konfrontiert und deutlich gemacht, dass wir so heute nicht mehr in Deutschland grüßen. Würde er das in Deutschland tun, landete er erstmal im Knast... Die Reaktion: "Aber warum denn das?"
Glauben die wirklich, dass wir noch so ticken…? Eine junge freundliche Obstsaftverkäuferin auf dem Markt erklärte uns, das „hier doch jeder ‚alles‘ über Deutschland und seine Vergangenheit wisse und deshalb solche Dinge in der Welt seien…“. Das ist uns klar und ist ja auch gut so. Dass das aber ggf. problematisch sein kann, im Namen des Schlächters zu grüßen oder Hakenkreuze auf Autos zu kleben… Völlige Fehlanzeige von Problembewusstsein. Unfähigkeit einer angemessenen Bewertung deutscher Geschichtsfakten… Wir fragen uns, wie das Thema hier in den Schulen wohl behandelt wird und denken erneut an die Maestros und ihren Streik... Über die Bundesrepublik jedenfalls und ihre heutige Realität scheint man in Peru nur wenig Kenntnis zu haben… Wir sind ein wenig fassungslos. Peruaner dieser Welt: Das muss besser werden!
Wunderbare Puna auf dem Weg nach Andahuaylas – Wildtiere in Peru
Da es keine Direktbusse von Ayacucho nach Cusco am Tage gibt, hatten wir – wie schon oben kurz angedeutet – die Reise im Colectivo und mit Unterbrechung in Andahuaylas beschlossen. Ohnehin wäre der Ritt ohne Unterbrechung (16 Stunden) extrem anstrengend geworden… Die Entscheidung war goldrichtig, denn die Landschaft, die am Fenster an uns vorüberzieht, ist einmal mehr fantastisch. Überhaupt muss man sagen, dass gerade die Verbindungen der von uns besuchten Städte/Orte uns über die Maße begeistert haben… Leider ist das Fotografieren dieser teils atemberaubenden Schluchten und Berggiganten, der Flora und Fauna, der bunt gekleideten und interessanten Menschen aus dem Fenster von Bussen und Colectivos schwierig und frustrierend… Gleichwohl möchten wir empfehlen auf Nachtfahrten zu verzichten – was komischerweise die meisten hier tun –, weil man damit einen wesentlichen Teil der Schönheit des Landes verpasst. Für uns ist jede Weiterreise zwischen den sehenswerten Orten ein eigener Ausflug…
Anlässlich dieser Fahrt durch weitgeschwungene gold-gelb glänzende, gigantische Puna-Landschaft vor im Hintergrund aufragenden Schneegipfeln, können wir einen weiteren Unterschied zu den südlicheren Nachbarn Argentinien und Chile benennen: Wir sehen nach gut 6 Wochen Peru unsere ersten Wildtiere: Begegneten uns in Argentinien/Chile ganze Herden von Guanakos und im Norden auch Vicuñas, sahen wir Nandu-Herden in Größenordnungen und mehrere Kondore, so war in Peru selbst in abgelegensten Gegenden bisher kein einziges großes Wildtier zu sehen…
Doch nun: Wir sehen aus dem Colectivo tatsächlich einzelne Vicuñas in freier Natur… Na also, geht doch!
Sondor und der Lago de Pacucha – Die Gallier Perus
Wir unterbrechen also unsere Fahrt nach Cusco für drei Tage in Andahuaylas, der bedeutendsten aber unspektakulären Ortschaft in dem grundsätzlich dicht besiedelten Tal, in dem sich ein paar Tage durchaus lohnen… Wir nutzen die Gelegenheit, waschen unsere Sachen, organisieren die kommenden Tage und wollen uns endlich mal wieder in der Gegend umschauen: Unser Ziel ist die herrlich gelegene archäologische Stätte Sondor, die unweit des Lago de Pacucha in herrlicher Berglage mit fantastischen Aus- und Weitsichten angesiedelt ist. Sie ist baulich wie historisch interessant, ist sie doch keine Inkastätte, sondern vom Volk der Chankas errichtet und jahrzehntelang erfolgreich gegen die Inka in der Region verteidigt worden. Ein quasi ‚gallisches Volk‘ inmitten des riesigen Inkareichs…
Die hervorragend restaurierte Stätte besticht durch die Freilegung von rituell und zeremoniell genutzten Strukturen sowie Teilen der Verteidigungsanlage und ermöglicht die Besteigung einer fast 120m hohen Pyramide (angeblich über 500 Stufen!). Wir sind am Ende des Aufstiegs zunächst völlig aus der Puste, staunen aber anschließend nicht schlecht. Was sich unserem Blick bietet, ist erneut herausragend: Zu allen Seiten der Pyramide fällt der Berg mehrere hundert Meter steil ab, sehen wir in den tiefliegenden Tälern Bauernhäuser und bestellte Felder. Zu einer Seite geht es in steilen Schluchten und Windungen tief hinunter, wir sehen mehrere Ebenen steil gefalteter Berge, die hintereinander wie Treppenstufen in den Himmel ragen. Ganz im Hintergrund stehen schneebedeckte Riesen… Diesem Panorama kann man sich nicht entziehen und wir saugen ihn ein…
Der nahegelegene Lago de Pacucha, den wir nun umfahren, ist dicht besiedelt, die Zugänge zu ihm sind aufgrund der privaten Nutzung des Sees fast überall verstellt. Er ist recht groß, tiefblau-braun und hat eine Wassertiefe von 150m. Seine Farbe ist nicht mit anderen schöneren Seen oder Lagunen des Landes zu vergleichen, zudem scheint er aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung doch ein wenig verschmutzt zu sein… Die Einheimischen nutzen gleichwohl das Angebot an ‚Trucha‘ – Forelle – in vollen Zügen und in allen Varianten und fahren auf den zu mietenden Ausflugsbooten ein paar Meter auf den See hinaus. Na ja, nicht unser Ding…
Sondor sollte man sich dagegen nicht entgehen lassen, ein schöner Halbtagesausflug von Andahuaylas aus, der mit fantastischen Aussichten und historischem Flair aufwarten kann sowie mindestens eine Nacht in dem kleinen aber geschäftigen Ort rechtfertigt!
Eure Fragen an die Spuren | WECHSLER
Wir erhalten zu unseren Blogs – leider zu unserem Leidwesen nicht öffentlich, warum eigentlich nicht? – immer mal wieder Fragen, die wir gern individuell beantworten. Wir finden diese Fragen in der Regel aber sehr interessant und unsere Antworten könnten natürlich auch für andere interessant sein… Sie ermöglichen uns tatsächlich zu Themen Stellung zu nehmen, die wir selbst gar nicht so auf dem Schirm haben oder aufgrund der Umfänge des Blogs nicht aufgreifen… Wir haben uns daher entschlossen, diese Themen hier immer mal wieder – nicht alle auf einmal – öffentlich (und anonym) aufzugreifen.
Das gesamte Thema der Peruanischen Küche werden wir in einer der nächsten Wochen in unserer Kategorie Küchen der Welt mit ein paar Rezeptideen aufgreifen, den klammern wir also aus, auch wenn das Thema auf reges Interesse stößt.
Zu Fragen, die schnell und leicht beantwortbar sind:
- Ihr: Habt Ihr schon eine neue berufliche Perspektive für die Zeit nach der Reise erschlossen? - Spuren | WECHSLER: Natürlich nicht! Wir reisen seit 6 Wochen und sind noch im Urlaubsmodus… Ach doch: Ich (Jörg) ertappe mich immer wieder dabei, wie ich das Leben der Schäfer hoch oben in den Bergen bewundere... Arbeitsplatz in traumhaften Lagen, ruhig, an der frischen Luft und keine Widerreden... Na ja...
- Ihr: Ist es in der Hauptsaison in Peru erforderlich, Hotelzimmer vorauszubuchen und wie ist das mit Bustickets? Spuren | WECHSLER: Keine Ahnung, wie das grundsätzlich ist! Wir reisen jetzt in der Hochsaison und haben, mal abgesehen von Lima, bisher keine Probleme spontan die gewünschten Zimmer zu bekommen. Zumeist haben wir ein, zwei Tage vorher telefonisch oder per Mail vorausgebucht, sind aber auch immer wieder einfach ohne Reservierung drauflos… Wir haben aber auch den Eindruck, dass in diesem Jahr nicht so viele Touries hier unterwegs sind, wie sonst möglicherweise… Außerdem haben wir uns bisher meist im eher touristenarmen Hochland bewegt. Ich würde aus unserer Erfahrung sagen: Man bekommt immer eine Unterkunft, die akzeptabel ist, auch wenn man mal zur Not mit einem „letzten Zimmer“ vorliebnehmen muss… Mit Bustickets sieht das aus unserer Sicht ähnlich aus: Ein, zwei Tage vorher erhält man derzeit mit Sicherheit ein Ticket, meist sogar am selben Tag.
- Ihr: Welche Vorsorge bezüglich Höhenkrankheit habt Ihr getroffen? Und was empfehlt Ihr da? Spuren | WECHSLER: Gar keine! Wir haben es – siehe zweiter Blogbeitrag – ruhig angehen lassen und uns dann zu früh einen Aufstieg zugetraut. Wir würden drei Tage Ruhe empfehlen, nicht gleich zu hoch einsteigen (Wohnort auf 2.700 erscheint uns ideal), dann auch erstmal kleinere Aufstiege oder Aufenthalte in größeren Höhen ohne große Anstrengungen… Bei uns hat es tatsächlich immer wieder Symptome gegeben (vor allem oberhalb von 4.000m), wenn wir dann in die Berge gewandert sind - mittlerweile ist das passé, sieht man mal von der obligatorisch schweren Atmung ab, die wohl normal ist. Es ist da aber auch jeder anders veranlagt… Viele hier schwören nach wie vor auf das Kauen von Kokablättern… Ist aus unserer Sicht aber nicht nötig (was erst recht für chemische Medikamente gilt), wenn man es ruhig und etappenweise (in die Höhe) angehen lässt. Folgenden Tipp haben wir dann aber doch noch ganz allgemein zum Thema Höhe zu geben: Wir haben die Trockenheit und den Staub in der Luft unterschätzt und empfehlen insbesondere empfindlichen Naturen dringend Nasenspray (zur Befeuchtung Salzwasser oder sogar Öl), um Nasenbluten und Trockenheit zu vermeiden sowie Lippencremes. Sonnencreme muss man wohl in der Höhe nicht mehr erwähnen...
- Ihr: Verdient Ihr mit dem Reiseblog Geld? Spuren | WECHSLER: Definitiv Nein! Wir haben uns bewusst dazu entschlossen, erstmal komplett nicht-kommerziell anzutreten. Spuren | WECHSLER ist ein Non-profit-Projekt. Sollte der Blog auf größeres Interesse stoßen und uns das Leben als Reiseblogger nachhaltig anmachen, dann mag sich das ändern...
- Ihr: Wir finden Eure Fotos klasse! Wie und womit fotografiert Ihr? Spuren | WECHSLER: Für das vielzählige Feedback zu unseren Fotos vielen Dank! Wir fotografieren meist mit einer vergleichsweise kompakten und leichten (semi-) professionellen Systemkamera von Panasonic aus der GH-Reihe, die alle unsere Anforderungen an eine Reisekamera und darüber hinaus weit erfüllt (nicht zu groß, nicht zu schwer, funktionsreich, qualitativ hochwertig etc.). Darüber hinaus nutzen wir im städtischen Bereich für Fotos für Zwischendurch unsere Smartphone-Kameras. Nicht alle Fotos sind qualitativ daher auf einem Niveau… Fotografieren hat für uns aber viel mehr mit dem Blick für das Zielobjekt und die Atmosphäre sowie mit der Geschichte, die das Bild erzählen soll, zu tun, als mit technischer Qualität – bestenfalls kommt beides zusammen… Ein verpixeltes Bild, das 'mehr sagt als tausend Worte', hat für uns mehr Wert, als ein gestochen scharfes Laborbild… Ansonsten verfügen wir über mittlerweile gut 25 Jahre Fotografiererfahrung auf Reisen - letztlich ist das ein Lernprozess. Wir freuen uns, wenn 'unser Blick' auch anderen gefällt...
- Ihr: Ist der Begriff ‚Indio‘ nicht problematisch? – Spuren | WECHSLER: Sicher ist er das. Wenn wir ihn benutzen, dann ausschließlich in deskriptiver Perspektive. ‚Indigenoes‘ ist der hier häufig benutzte Begriff, so dass sich ‚Indigene Bevölkerung‘, die ‚Indigenen Menschen‘ etc. anböte, aber von der sprachlichen Umständlichkeit einmal abgesehen, ist auch dieser Begriff nicht einheitlich akzeptiert… Um eines deutlich zu sagen: Wir meinen das weder rassistisch noch abwertend und glauben, dass die Mehrzahl der hiesiegen Menschen das auch nicht problematisieren würde…!
- Ihr: Woher nehmt Ihr eigentlich die Zeit für Euren Blog? - Spuren | WECHSLER: Einen Blog-Beitrag schreiben wir an einem Tag runter... Das geht im ausgeruhten Zustand und in angenehmer Atmosphäre sehr gut. Sofern die Internetverbindungen gut funktionieren, ist auch das Hochladen der Bilder kein Problem. Leider ist das nicht immer so... Das Schreiben des Blogs ist für uns derzeit gleichwohl keine Arbeit, das empfinden wir nicht so, sondern macht uns Spaß. Vielmehr hilft das Schreiben beim Verarbeiten der vielzähligen Eindrücke vor der Reise... Der Blog dient uns also in erster Linie auch selbst.
Weitere Fragen und Themen werden wir beim nächsten Mal aufgreifen… Bitte ruhig weiterfragen!
Empfehlungen
Uns war von vornherein klar: Nach Huancaveliva wird es jeder nächste Ort erstmal schwer haben… Ayacucho war daher wohl das Beste, was uns in dieser Situation passieren konnte, können wir ihn doch als Aufenthaltsort mitsamt seiner interessanten Umgebung ebenfalls problemlos empfehlen.
Die Innenstadt ist mit kolonialem Flair gespickt, besitzt wunderschöne Kirchen und lädt immer wieder in gemütliche Innenhöfe ein. Die Menschen der Stadt sind schön, legen Wert auf Chic, sind freundlich und selbstbewusster als in anderen Orten… Ayacucho ist daher ein interessantes Ziel mit gutem Hotelangebot… Ausflugsziele in die umliegenden Berge, die in einer interessanten Auswahl von zahllosen Agenturen angeboten werden, können wir dieses Mal leider nicht aus eigener Erfahrung beurteilen…
Unterkunft: Wir haben in Ayacucho im ‚La Colmena Hotel‘, Jr. Cusco Nr. 140, Tel. 066-31-1318, informes@hotel-colmena.com; www.hotel-colmena.com, ausgesprochen gut gewohnt. Insgesamt haben wir für einen angemessenen Preis ein ruhiges, funktional fast perfektes und wohnlich schönes Hotel mit umlaufendem Balkon direkt in unmittelbarer Nähe zur Plaza bewohnt. Wenn noch Charme und Freundlichkeit der Betreiberfamilie vorhanden gewesen wäre… Aber man kann wohl nicht alles haben…
Ayacucho hat einige sehr gute Restaurants, die dann aber auch ihren (deutlich zu hohen) Preis haben…
- So haben wir bspw. das ‚El Niño‘, Jr. 9 de Diciembre 205 (eine Empfehlung des Lonely Planet), getestet und gut gegessen, haben aber die eigentlich spannenden Sachen aufgrund deutlich jenseits unseres Budgets angesiedelter Preise vermieden… Für uns ist das hart und daher nur bedingt empfehlenswert!
- Zu empfehlen – weil in einem schönen, grünen und luftig überdachten Innenhof in der Nähe unseres Hotels angesiedelt – ist das Restaurant des ‚Grand Hotels‘, Jr. Cusco, in dem wir nachmittags (es ist immer geöffnet) immer mal ein Bierchen getrunken haben… Hier erhält man tagsüber noch die typischen Menüs für 9 Soles (2,50 €), die nach unserer Kostprobe auch qualitativ lecker waren. Man hat WiFi hier und genießt die Atmosphäre, die hier einfach angenehm und unprätentiös daherkommt.
- Den Magen an einer Ceviche verdorben, haben wir uns dagegen im Restaurant direkt neben dem Hotel Colmena, wo zwei ansonsten recht nette kleine Restaurants Fischgerichte offerieren… Steht man vor dem Hotel Colmena, ist das rechts direkt danebengelegene mit Vorsicht zu genießen! Das noch einen Eingang weiter rechts davon gelegene Restaurant (uns fehlt der Name) ist dagegen nach zwei zufriedenen Besuchen empfehlenswert: Zwar war uns die Ceviche hier nicht optimal gewürzt, das Chicharrón de pescado dagegen war aufgrund einer fantastischen Panade sehr gut!
Andahuaylas hat nicht das Flair seiner großen Nachbarin Ayacucho, ist aber durchaus einen Stopp wert. Dies gilt, weil der kleinere Ort durchaus alles zu bieten hat, was man auf Reisen und darüber hinaus benötigt, weil es über ein paar gute Unterkünfte und Restaurants verfügt und zahlreiche Anschlussmöglichkeiten (Busse/Colectivos) in alle wichtigen Richtungen besitzt.
Vor allem empfehlen wir in Andahuaylas wenigstens eine Übernachtung, um den Tagesausflug zur Laguna de Pacucha und den zugehörigen Chankas-Ruinen mit Namen Sondor zu machen. Die kleine aber sehenswerte Anlage besticht mit gut restaurierten archäologischen Strukturen in fantastischer Lage. Allein der Ausblick hier oben lädt zum Verweilen ein und ist die Reise wert… Einfach ein Taxi chartern – Preis ist Verhandlungssache, sollte aber bei 50/60 Soles gut zu machen sein… Klar fahren auch Colectivos.
Gut gewohnt haben wir hier im ‚Hotel Conquistador‘, Jr. Guillermo Caceres Nr. 450, Tel.: +51 83 205525, www.hotelconquistador.com.pe/
das zentral gelegen und nett ist. Die Zimmer direkt zur Straße sind nicht gerade leise, dafür aber hell und freundlich. Den Preis fanden wir insgesamt vielleicht etwas zu hoch, haben wir für drei Nächte aber gern akzeptiert. Es gibt hier kein Frühstück!
Gut gegessen haben wir in der Pizzeria ‚ILGatto‘, in derselben Straße des Hotels. Vor allem ist der kleine Laden wirklich sehr gemütlich und abends in der Kälte gut geheizt. Der Besitzer war ausgesprochen sympathisch und freundlich.
Noch eine allgemeine Empfehlung zur Reise zwischen Ayacucho und Cusco (über Andahuaylas und Abancay):
- Weil leider keine Verbindung größerer Busgesellschaften tagsüber existiert, solltet Ihr – sofern Ihr an der Landschaft interessiert seid – das wirklich gute Angebot an Colectivo-Verbindungen nutzen. In der kleinen Seitenstraße der Cáceres zwischen Asamblea Independencia und Los Andes in Ayacucho bieten mehrere Gesellschaften gut organisierte Verbindungen nach Andahuaylas und von dort (Terminal de Terrestre, zugleich Ankunfts- wie Abfahrtsort) nach Abancay an, von wo zahlreiche große und kleine Busse nach Cusco weiterfahren… Wir sind von Ayacucho bis Abancay jeweils mit der Gesellschaft Eco Tours gut und sicher gefahren…
Ausblick
Spuren | WECHSLER fahren von Andahuaylas über Cusco direkt nach Puno an den Titicacasee weiter. Sie verbringen ein paar Tage in der wohl angenehmsten aller hiesigen Hochlandstädte und besichtigen das auf 4.000m und höher gelegene Umland. Neben den Colla-Ruinen, in Sillustani, wo zahlreiche gut erhaltene chullpas (Grabtürme) auf seicht geschwungenen Hügeln am wunderschönen Lago Umayo verteilt stehen, sind die schwimmenden Schilfinseln der Uros sicher ein Höhepunkt einer jeden Titicacasee-Reise. Anschließend steht auf der Halbinsel Capachica das Leben mit den hiesigen Campesinos am Ufer des Sees an… Die Erkundung der Halbinsel ist hier (Inkaruinen) noch die größte Aktivität, ansonsten sind Chillen, Relaxen und Genießen am Rande des Sees oberstes Gebot.
Aber:
- Werden die Spuren | WECHSLER an Cusco einfach so vorbeiziehen können, ohne dem Reiz dieser fantastischen Stadt sowie dem nahegelegenen Maccu Picchu zu erliegen?
- Wie werden die Spuren | WECHSLER nach Wochen der touristischen Einsamkeit den Kulturschock ‚Touristenmassen‘ überstehen?
- Was erwartet die Spuren | WECHSLER bei den Uros? Rührende Authentizität oder unerträgliche Folklore?
- Wie werden die Spuren| WECHSLER die kalten Nächte am Titicacasee ertragen und lässt es sich dort in landwirtschaftlichem Terrain überhaupt länger aushalten?
Kommentar schreiben
Micha (Montag, 28 August 2017 22:06)
Sehr spannender und absolut informativer Beitrag!!
Die Bilder sprechen ohnehin für sich ... die Luft sieht sieht so unglaublich klar aus.
Habt ein paar chillige Tage in der Hängematte.
Liebe Grüße!
Spuren | WECHSLER (Dienstag, 29 August 2017 04:08)
Lieber Micha,
danke für deinen Kommentar! Freut mich, dass dich der Bericht und die Bilder angesprochen haben. Die Luft am Titicacasee ist tatsächlich hervorragend und der Nachthimmel bei dem schwachen Licht auf Capachica herausragend... Das hat fast chilenisches Niveau, wo ja wegen der reinen und klaren Luft die großen Teleskope der Welt stehen!
Grüße nach Essen!
Roman Gebhardt (Dienstag, 05 September 2017 11:24)
Wieder einmal ein spannender und kurzweiliger Reisebericht mit vielen tollen Bildern! Ich freue mich schon auf den nächsten Beitrag.
@ Jörg : Kaum bist du aus Deutschland weg, geht es mit dem HSV rasant bergauf :-)
Liebe Grüße aus Kranichstein
Roman
Spuren | WECHSLER (Donnerstag, 07 September 2017 18:55)
Lieber Roman,
vielen Dank für deine treue Begleitung und das schöne Feedback! Bleib weiter IN DER SPUR!
Was den HSV angeht: Da sind wir in der HSV-Gemeinde nicht ganz so optimistisch wie du... Aber über einen solchen Saisonstart kann man sich freuen! Grüße mir den VR! Ich vermisse alle!
Liebe Grüße aus Potosí in Bolivien!